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Immer häufiger werden Arbeitgeber von Versicherungsvertretern, Versicherungsmaklern, Steuerberatern, Rentenberatern oder Rechtsanwälten darauf aufmerksam gemacht, dass sie eine „Versorgungsordnung“ benötigen. Dieser kurze Beitrag soll einen Überblick geben, was genau eine Versorgungsordnung ist und warum in den meisten Fällen eine Versorgungsordnung für die meisten Arbeitgeber tatsächlich sinnvoll ist.

Der Begriff Versorgungsordnung

Der Begriff Versorgungsordnung ist in (fast) keiner gesetzlichen Regelung zu finden. Er wird für die Bezeichnung eines Regelwerks zur betrieblichen Altersversorgung eines Unternehmens verwendet. Dabei ist zu unterscheiden zwischen einer Versorgungsordnung, welche die vom Arbeitgeber finanzierte betriebliche Altersversorgung regelt und einer Versorgungsordnung, welche die durch Entgeltumwandlung (und ggf. einen Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung) finanzierte betriebliche Altersversorgung regelt. Möglich ist es auch, sowohl die arbeitgeberfinanzierte als auch die arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung in einer einheitlichen Versorgungsordnung zu regeln.

Der Begriff Versorgungszusage

Der Begriff Versorgungsordnung ist nicht gleichbedeutend mit dem Begriff Versorgungszusage. Allerdings kann bei der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung die Bekanntgabe der Versorgungsordnung an die versorgungsberechtigten Mitarbeiter eine Versorgungszusage darstellen (näher hierzu unten). Der Begriff Versorgungszusage steht für die rechtliche Begründung eines Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung und findet sich vielfach in gesetzlichen Regelungen, insbesondere im Betriebsrentengesetz. Dort wird an mehreren Stellen an den Zeitpunkt der Erteilung einer Versorgungszusage angeknüpft, etwa bei der Regelung zur gesetzlichen Unverfallbarkeit der Versorgungsanwartschaft (§ 1b BetrAVG), dem Eintritt des gesetzlichen Insolvenzschutzes  (§ 7 Abs. 5 Satz 3 BetrAVG) und bei Übergangsregelungen (§ 30b BetrAVG, § 30c Abs. 1 und Abs. 3 BetrAVG, § 30e Abs. 1 BetrAVG, § 30f BetrAVG, 30g Abs. 2 BetrAVG, § 30h BetrAVG).

Rechtsbegründungsakte

Von einer Versorgungsordnung wird zumeist nur bei den Rechtsbegründungsakten Gesamtzusage und Betriebsvereinbarung/Dienstvereinbarung gesprochen. Ist ein Betriebsrat bzw. ein Gesamtbetriebsrat vorhanden, ist die Versorgungsordnung als Betriebsvereinbarung bzw. Gesamtbetriebsvereinbarung zu gestalten. Für leitende Angestellte, auf die das Betriebsverfassungsgesetz gemäß § 5 Abs. 3 BetrVG keine Anwendung findet, kann eine Versorgungsordnung als Richtlinie nach dem Sprecherausschussgesetz gefasst werden. Das ist aber selten. Im Bereich des öffentlichen Dienstes nimmt der Personalrat eine ähnliche Funktion wie der Betriebsrat im Bereich der Privatwirtschaft ein. Die Mitbestimmungsrechte des Personalrats sind in Landesgesetzen geregelt, zum Beispiel in § 80 des Hamburgischen Personalvertretungsgesetzes. In der Regel werden bei öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern mit einem Personalrat Versorgungsordnungen als Dienstvereinbarungen gestaltet.

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats

Wie oben bereits ausgeführt ist die Versorgungsordnung als Betriebsvereinbarung zu fassen, sofern in dem Unternehmen ein Betriebsrat vorhanden ist. Gibt es in dem Unternehmen einen Gesamtbetriebsrat, ist dieser zuständig, § 50 Abs. 1 BetrVG. In dem Fall ist die Versorgungsordnung folglich als Gesamtbetriebsvereinbarung zu gestalten. Der Betriebsrat/Gesamtbetriebsrat hat allerdings nur zum Teil erzwingbare Mitbestimmungsrechte. Insbesondere kann der Arbeitgeber mitbestimmungsfrei entscheiden, ob er überhaupt eine von ihm finanzierte bAV eingeführt, wie der begünstigte Personenkreis definiert wird (unter Wahrung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes), über welchen Durchführungsweg und über welchen Versorgungsträger die betriebliche Altersversorgung durchgeführt wird und wie hoch der Dotierungsrahmen ist. Welche erzwingbare Mitbestimmungsrechte der Betriebsrat hat, ist grundsätzlich abhängig vom Durchführungsweg.  Unabhängig vom Durchführungsweg sind stets die Verteilungsgrundsätze der vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Versorgungsmittel mitbestimmungspflichtig.

Die Versorgungsordnung zur arbeitgeberfinanzierten bAV

Sagt der Arbeitgeber in der Versorgungsordnung der gesamten Belegschaft oder Teilen der Belegschaft eine betriebliche Altersversorgung zu, stellt die Bekanntgabe der Versorgungsordnung an die Arbeitnehmer grundsätzlich eine Versorgungszusage dar. Wenn die betriebliche Altersversorgung über eine Direktversicherung, eine Pensionskasse oder einen Pensionsfonds durchgeführt wird, gilt gemäß § 1b Abs. 2 Satz 4 bzw. Abs. 2 Satz 2 BetrAVG als Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage der Beginn des Direktversicherungsvertrags. Werden in einer Versorgungsordnung zur arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung Aufnahmevoraussetzungen bestimmt, kommt es hinsichtlich der Frage, ob mit der Bekanntgabe der Versorgungsordnung eine Versorgungszusage erteilt wird, darauf an, ob es sich hierbei um statusbezogene Aufnahmevoraussetzungen oder zeitbezogene Aufnahmevoraussetzungen handelt. Bei statusbezogenen Aufnahmevoraussetzungen, wie etwa der Position oder der ausgeübten Tätigkeit im Unternehmen oder dem Eintritt in das Unternehmen bis zu einem bestimmten Stichtag, ist die Versorgungszusage erst mit Erfüllung der Aufnahmevoraussetzungen erteilt. Bei zeitbezogenen Aufnahmevoraussetzungen, sog. „Vorschaltzeiten“, wie etwa dem Erreichen eines bestimmten Lebensalters oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit, ist die Versorgungszusage bereits mit Aufstellung der zeitbezogenen Aufnahmevoraussetzungen erteilt. Heißt es in der Versorgungsordnung beispielsweise: „Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit von mindestens zwei Jahren haben Anspruch auf betriebliche Altersversorgung gemäß dieser Versorgungsordnung“ ist einem neu eintretenden Arbeitnehmer die Zusage bereits mit dem Versprechen, in zwei Jahren eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung zu erhalten, als Versorgungszusage im rechtlichen Sinne zu sehen. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist eine Versorgungszusage erteilt, wenn dem Arbeitgeber nach der „Zusage einer Zusage“ keinen Entscheidungsspielraum mehr hat, ob er die Zusage nach Ablauf der Vorschaltzeit erteilt oder nicht. Der Zusagebeginn kann wegen des Erwerbs einer gesetzlichen Unverfallbarkeit gemäß § 1b Abs. 1 BetrAVG von erheblicher Bedeutung sein.

Die Versorgungsordnung zur arbeitnehmerfinanzierten bAV

Werden in einer Versorgungsordnung die Regeln für die Umwandlung von Bruttoentgelt zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung bestimmt, kann die Versorgungsordnung nicht gleichzeitig auch die Versorgungszusage darstellen. Vielmehr wird die Versorgungszusage erst durch die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarung erteilt. Bei einer Zusage über den Durchführungsweg Direktversicherung ist dann gemäß § 1b Abs. 2 Satz 4 BetrAVG der Versicherungsbeginn der Zeitpunkt der Erteilung der Versorgungszusage.

Gemäß § 1a Abs. 1 BetrAVG haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltumwandlung zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung. Der Arbeitgeber muss daher stets damit rechnen, dass er eine betriebliche Altersversorgung gewähren muss. Im Rahmen des Betriebsrentenstärkungsgesetzes hat der Gesetzgeber durch Einfügung des Absatzes 1a in § 1a BetrAVG geregelt, dass Arbeitnehmer die Entgelt zugunsten einer betrieblichen Altersversorgung über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung umwandeln, Anspruch auf einen Arbeitgeberzuschuss in Höhe von 15 % des Umwandlungsbetrages haben, soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialversicherungsbeiträge einspart. Hierdurch ist der Anreiz für die Arbeitnehmer, ihren Anspruch auf Entgeltumwandlung geltend zu machen, deutlich gestiegen. In einer Versorgungsordnung kann der Arbeitgeber (ggf. unter Mitwirkung des Betriebsrats) Regelungen zum Arbeitgeberzuschuss treffen. Er kann zum Beispiel regeln, dass der Zuschuss unabhängig von der tatsächlichen Sozialabgabenersparnis pauschal 15 % beträgt. Sinnvoll ist darüber hinaus eine Regelung zu bereits vor dem 01.01.2019 durch Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungszusagen (für die erst ab dem 01.01.2022 eine gesetzliche Zuschusspflicht bestehen kann, § 26a BetrAVG). Darüber hinaus sollte in der Versorgungsordnung ein Maximalzuschuss bestimmt werden.

Zweckmäßige Regelungen in einer Versorgungsordnung zur arbeitnehmerfinanzierten bAV

 Folgende Fragen sollten in einer Versorgungsordnung zur Entgeltumwandlung beantwortet werden:

Wie oben bereits erwähnt, ist es bei mittelbarer Durchführung der betrieblichen Altersversorgung insbesondere zweckmäßig, in der Versorgungsordnung festzulegen, über welchen Versorgungsträger die durch Entgeltumwandlung finanzierte betriebliche Altersversorgung durchgeführt wird. Sofern der Arbeitnehmer keine Einschränkung bezüglich des Versorgungsträgers macht, besteht beispielsweise beim Durchführungsweg Direktversicherung eine große Wahrscheinlichkeit, dass der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer Vertragspartner von mehreren, ihm möglicherweise nicht bekannten Lebensversicherungsunternehmen wird.

Regelungspunkte bei arbeitgeberfinanzierte Versorgung:

In einer Versorgungsordnung zur Regelung der arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Altersversorgung ist es wichtig, zu bestimmen, ob alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung erhalten oder lediglich ein Teil der Belegschaft. Sofern nicht alle Arbeitnehmer versorgungsberechtigt sein sollen, müssen die Abgrenzungskriterien freilich wirksam sein. Insbesondere dürfen sie nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Darüber hinaus ist in der Versorgungsordnung zu bestimmen, wie hoch die Versorgungsleistungen (bei einer Leistungszusage) bzw. die Versorgungsbeiträge (bei einer beitragsorientierten Leistungszusage, einer Beitragszusage mit Mindestleistung oder einer reinen Beitragszusage) sind. Zudem empfiehlt es sich, eine wirksame Regelung für in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer aufzustellen und zu bestimmen, was passiert, wenn der Arbeitnehmer bei fortlaufender Beschäftigung kein Entgeltanspruch mehr hat, etwa bei Wegfall der Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz, bei Inanspruchnahme von Eltern- oder Pflegezeit, unbezahltem Urlaub oder eines unbezahlten Sabbaticals.

Gibt es für Arbeitgeber eine Pflicht, eine Versorgungsordnung zu haben?

Teilweise wird die Auffassung vertreten, jeder Arbeitgeber sei verpflichtet, eine Versorgungsordnung zu haben. Diese Auffassung ist zwar nicht richtig. Allerdings erleichtert eine Versorgungsordnung Arbeitgebern, gesetzliche Verpflichtungen zu erfüllen. Gemäß dem § 2 des Nachweisgesetzes ist der Arbeitnehmer über alle Bestandteile des Arbeitsentgelts schriftlich zu informieren. Zum Arbeitsentgelt gehört auch eine Zusage auf betriebliche Altersversorgung sowie Arbeitgeberzuschüsse zur Entgeltumwandlung. Der Arbeitgeber kann seine Pflichten aus dem Nachweisgesetz in der Regel durch Aushändigung einer Kopie der Versorgungsordnung und ggf. der schriftlichen Entgeltumwandlungsvereinbarung erfüllen. Darüber hinaus können Arbeitgeber ihre Pflicht gemäß § 4a Abs. 1 Nr. 1 BetrAVG, wonach sie dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen mitteilen müssen, „ob und wie eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben wird“, in der Regel durch Verweis auf die Versorgungsordnung erfüllen.

Wer darf eine Versorgungsordnung erstellen?

Einige Lebensversicherungsunternehmen bieten Arbeitgebern an, eine Versorgungsordnung zur Verfügung zu stellen. Diesbezüglich ist allerdings zu beachten, dass die Erstellung einer individuellen Versorgungsordnung eine Rechtsdienstleistung im Sinne von § 2 Abs. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) darstellt. Rechtsdienstleistungen dürfen grundsätzlich nur Rechtsanwälte erbringen. Eine Beratung zur betrieblichen Altersversorgung und damit die Erstellung einer Versorgungsordnung ist darüber hinaus registrierten Rentenberatern erlaubt. Versicherungsgesellschaften und Versicherungsvertretern, Versicherungsmaklern sowie Steuerberatern ist es hingegen gemäß dem RDG nicht gestattet, individuelle Versorgungsordnungen zu erstellen.

Was kostet die Erstellung einer Versorgungsordnung?

Die Höhe des Honorars für eine rechtsanwaltlich erstellte Versorgungsordnung hat eine weite Bandbreite und ist abhängig von den individuellen Gegebenheiten und den Gestaltungswünschen des Arbeitgebers. Zur Ermittlung des Honorars für die Erstellung einer Versorgungsordnung für die betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung  hat Heldt | Zülch einen Erhebungsbogen entwickelt. Fordern Sie unseren Erhebungsbogen einfach per E-Mail bei uns an und schicken ihn ausgefüllt an uns zurück. Wir unterbreiten Ihnen dann unter Berücksichtigung des Erhebungsbogens kurzfristig und unverbindlich ein Angebot für die Erstellung einer Versorgungsordnung für die betriebliche Altersversorgung Ihres Hauses.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg, Lüneburg

Neben einer schriftlichen Vereinbarung (z.B. den Arbeitsvertrag, Nachträge zum Arbeitsvertrag, Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Tarifvertrag usw.) für den Anspruch auf bestimmte Leistungen gibt es für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber weitere, rechtlich bedeutsame Möglichkeiten:

Hierzu gehören sowohl Ansprüche aus dem Gesetz als auch Ansprüche aus betrieblicher Übung.

Anspruch auf Gleichbehandlung

Der bekannteste Anspruch ist derjenige aus dem AGG – besondere Bekanntheit erreicht diese Grundlage durch das grundsätzliche Verbot der Diskriminierung eines Geschlechts im Bewerbungsverfahren. Befolgt der Arbeitgeber dieses Gebot nicht, macht er sich schadensersatzpflichtig.

Anspruch aufgrund betrieblicher Übung

Der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung taucht insbesondere im Zusammenhang mit dem Weihnachtsgeld oder dem Urlaubsgeld auf.

Voraussetzung eines Anspruches aufgrund betrieblicher Übung ist, dass der Arbeitgeber regelmäßig das gleiche Verhalten gezeigt hat, so dass der Arbeitnehmer darauf vertrauen durfte, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten auch in Zukunft zeigen wird.

Daraus folgt, dass alle Bestandteile des Arbeitsvertrags durch betriebliche Übung geregelt werden können.

Weihnachtsgeld aufgrund betrieblicher Übung

Im Falle des Weihnachtsgeldes wäre demnach Voraussetzung, dass der Arbeitgeber dieses mehrere Jahre in der gleichen Art und Weise (entweder gleiche Höhe oder gleiche Berechnungsweise) gezahlt hat, so dass der Arbeitnehmer sich darauf eingestellt hat. Als ausreichende Dauer der „freiwilligen“ Leistung hat die Rechtsprechung einen Zeitraum von drei Jahren angesehen, ab diesem Zeitpunkt wird aus der ehemals freiwilligen Leistung des Arbeitgebers ein Anspruch des Arbeitnehmers und eine Verpflichtung des Arbeitgebers. Auch bei Gewähr der Leistung in unterschiedlicher Höhe kann eine betriebliche Übung und damit ein Anspruch entstehen, BAG 13.05.2015, (10 AZR 266/14)

Betriebliche Altersversorgung und betriebliche Krankenversicherung aus betrieblicher Übung

In Betracht kommen aber auch andere Ansprüche, die teilweise sehr kostenintensiv sein können. Hier ist an die betriebliche Altersversorgung und die betriebliche Krankenversorgung zu denken.

Der Anspruch auf betriebliche Krankenversicherung kann beispielsweise dann besonders schwer wiegen, wenn der Arbeitgeber einen Versicherungsvertrag (Gruppenversicherungsvertrag) mit beschränkter Laufzeit abgeschlossen hat, seine Arbeitnehmer für diesen Zeitraum Leistungen aus der Krankenversicherung erhalten (=regelmäßige Leistung), ohne dass er diese zeitlich eingegrenzt hat, und der Versicherungsvertrag nach Ablauf der Laufzeit nicht verlängert wird. Erkrankt ein Arbeitnehmer nach Ablauf der Versicherungsperiode, hat dieser gleichwohl einen Anspruch auf die Leistungen aus der betrieblichen Krankenversicherung. Da die Versicherung den Anspruch mangels Gruppenversicherungsvertrag nicht erfüllen wird, besteht der Anspruch im Falle betrieblicher Übung gegen den Arbeitgeber. Hier kann es zu erheblichen Zahlungsansprüchen kommen.

Für die betriebliche Altersversorgung ist dieser Umstand sogar gesetzlich normiert, § 1b Abs. 1 S. 4  BetrAVG.

Umso wichtiger ist es sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer, die Umstände einer Leistung zu dokumentieren und transparent zu regeln.

Abänderung einer betrieblichen Übung

Eine einmal entstandene betriebliche Übung lässt sich nur einvernehmlich durch vertragliche Anpassung oder durch Änderungskündigung entfernen.

Bei ersterer ist der Arbeitgeber auf die Zustimmung des Arbeitnehmers angewiesen.

Bei letzterer muss der Arbeitgeber die Änderungskündigung gegenüber jedem Mitarbeiter, der einen Anspruch erworben hat und den der Arbeitgeber nicht mehr erfüllen möchte, aussprechen.

 

Taktik: Verhindern der betrieblichen Übung

Sinnvoller und weniger aufwändig ist es daher, das Entstehen eines Anspruchs aufgrund betrieblicher Übung bei freiwilligen Leistungen von vorne herein zu verhindern.  Hier gibt es zwei Möglichkeiten:

Keine Regelmäßigkeit

Dies kann der Arbeitgeber erreichen, indem er die Leistung nicht regelmäßig gewährt. Im Falle des Weihnachtsgeldes bedeutet dies also, dass keine drei Jahre oder länger in Folge Weihnachtsgeld gezahlt wird.

Für die betriebliche Krankenversicherung gibt es noch keine Rechtsprechung, die zur notwendigen Dauer Stellung bezieht. Orientiert man sich jedoch an der Rechtsprechung zum Weihnachtsgeld (3malige Leistung) ist bereits fraglich, ob eine betriebliche Übung durch unregelmäßige Leistung überhaupt verhindert werden kann.

Hinweis auf Freiwilligkeit

Der Arbeitgeber kann die betriebliche Übung auch verhindern, indem er stets auf die Freiwilligkeit der Leistung hinweist.

In beiden Fällen entsteht kein Vertrauensschutz auf Seiten des Arbeitnehmers, so dass dieser sich nicht auf die betriebliche Übung berufen kann.

Besser: Vertragliche Regelung zur Widerruflichkeit

Will der Arbeitgeber hingegen eine Leistung gewähren, jedoch den Umfang der Leistung auch in Zukunft anpassen können, empfiehlt es sich, dies ausdrücklich zu regeln.

Dies ist zum einen einzelvertraglich möglich. Hier muss der Arbeitgeber die Regelungen zur Gestaltung des Arbeitsvertrags, insbesondere die Rechtsprechung zu den Klauseln eines Arbeitsvertrags nach AGB-Recht berücksichtigen.

Weiter ist dies aber auch durch Zusagen gegenüber der gesamten Belegschaft möglich. In Betrieben ohne Betriebsrat erfolgt dies durch eine Gesamtzusage. Hier kann sowohl die Dauer der Leistung, als auch die Höhe und die zeitliche Wirksamkeit der Zusage geregelt werden.

Selbiges gilt bei Betrieben mit Betriebsräten. Hier erfolgt die Zusage in Abstimmung mit dem Betriebsrat, sie wird Betriebsvereinbarung genannt und kann insbesondere auch Regelungen zur Geltungsdauer der Zusage beinhalten.

 

Haben Sie Fragen zur betrieblichen Übung, zu einem Anspruch auf Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld oder zum Erhalt der Freiwilligkeit der Leistung? Wir beraten Sie gerne.