Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld aus dem Rechtsinstitut der betrieblichen Übung entsteht, nachdem eine Weihnachtsgeldzahlung dreimal hintereinander vorbehaltlos vom Arbeitgeber gewährt wird. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nun entschieden, dass diese Regel auch für das an Betriebsrentner gezahlte Weihnachtsgeld gilt.

In dem vom BAG am 16.02.2010 unter dem Aktenzeichen 3 ARZ 116/08 entschiedenen Fall hatte die beklagte Arbeitgeberin seit dem Jahr 1992 an alle Betriebsrentner jeweils im November eines jeden Jahres ein Weihnachtsgeld in Höhe von 500 DM gezahlt, später in Höhe von 250 EURO. Die Klägerin, die im Zeitraum vom 01.11.1973 bis zum 31.08.2001 bei der Beklagten beschäftigt war und seit September 2001 eine Betriebsrente von der Beklagten bezog, erhielt erstmals im November 2001 das Weihnachtsgeld für Betriebsrentner. Am 22.01.2002 teilte die Arbeitgeberin der Klägerin mit, dass das Weihnachtsgeld aus wirtschaftlichen Gründen ab dem Jahr 2005 nicht mehr gezahlt wird. In den Abrechnungen über die Höhe der Betriebsrente im November 2002, 2003 und 2004 bezeichnete die Beklagte das Weihnachtsgeld als „Versorgungsbezug freiwillige Zahlung“. Entsprechend der Ankündigung vom 22.01.2002 wurde das Weihnachtsgeld ab dem Jahr 2005 nicht mehr gezahlt.

Betriebliche Übung auch im Bereich der betrieblichen Altersversorgung

In § 1b Abs. 1 Satz 4 des Betriebsrentengesetzes ist die betriebliche Übung ausdrücklich als möglicher Rechtsbegründungsakt genannt. Durch die wiederholte, über 10 Jahre lang andauernde Zahlung von Weihnachtsgeld an Betriebsrentner hat die Beklagte eine solche betriebliche Übung begründet. Dadurch wurde das Versorgungsverhältnis zwischen Klägerin und Beklagten dahingehend geändert, dass der Klägerin der Anspruch auf die Gratifikationszahlung zusteht. Da die Klägerin in die gegenüber den übrigen Betriebsrentnern begründete betriebliche Übung einbezogen wurde, ist unerheblich, dass der Klägerin vor der Mitteilung vom 22.01.2002 nur ein einziges Mal Weihnachtsgeld gezahlt wurde.

Kein Widerrufsrecht des Arbeitgebers

Durch die Mitteilung vom 22.01.2002 hat die Beklagte den Weihnachtsgeldanspruch nicht wirksam widerrufen. Ein Widerrufsrecht stand der Beklagten nämlich mangels wirksam vereinbarten Widerufsvorbehalt nicht zu. Auch der Umstand, dass die Klägerin auf den Hinweis auf der Betriebsrentenabrechnung „Versorgungsbezug freiwillige Zahlung“ nicht reagiert hat, führt nicht zum Erlöschen des Anspruchs. Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass das Schweigen des Erklärungsempfängers nicht als Zustimmung zu sehen ist, sei im vorliegenden Fall nicht gegeben, so das BAG.

Keine gegenläufige betriebliche Übung

Nach früherer Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts konnte eine betriebliche Übung durch eine sog. gegenläufige betriebliche Übung beendet werden. In seinem Urteil vom 18.03.2009 hat das BAG jedoch von dieser Rechtssprechung Abstand genommen. Für den Bereich betriebliche Altersversorgung konnte eine gegenläufige Übung jedoch schon immer nicht angenommen werden, weil die Struktur eines Versorgungsverhältnisses nicht vergleichbar ist mit der Struktur eines Arbeitsverhältnisses, für das die gegenläufige betriebliche Übung entwickelt wurde.

Praxishinweis

Betriebsrentnern, die neuerdings kein Weihnachtsgeld von ihrem ehemaligen Arbeitgeber mehr erhalten, sollten überprüfen, ob ihnen ein Anspruch aus betrieblicher Übung zusteht. Hierbei unterstützt heldt zülch & partner Sie  gerne. Verjährung droht bei im Jahr 2010 erstmals unterbliebener Weihnachtsgeldzahlung  nicht. Gegebenenfalls sind jedoch Ausschlussfristen zu beachten.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

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