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Hat das Landesarbeitsgericht (LAG) die Revision an das Bundesarbeitsgericht (BAG) gegen ein Urteil nicht zugelassen, kann die Nichtzulassung selbständig durch Beschwerde beim BAG gemäß § 72a ArbGG angefochten werden. Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick darüber geben, unter welchen Voraussetzungen die Revision im Falle der Nichtzulassung durch das LAG ermöglicht werden kann.

Formelle Voraussetzungen der Nichtzulassungsbeschwerde

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BAG innerhalb eines Monats nach Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils einzulegen. Die Beschwerde ist von einem zulässigen Prozessbevollmächtigten zu unterzeichnen und bedarf der Schriftform oder der elektronischen Form. In dem Beschwerdeschriftsatz ist das anzufechtende Urteil eindeutig zu bezeichnen (Bezeichnung des LAG, Aktenzeichen und Urteilsdatum). Innerhalb eines weiteren Monats ist die Nichtzulassungsbeschwerde zu begründen. Die Beschwerdebegründungsfrist kann nicht verlängert werden.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt

Beschwerdebegründung

Gemäß § 72a Abs. 5 Satz 3 ArbGG ist eine Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht begründet ist. Für eine ordnungsgemäße Begründung nützt die bloße Benennung eines Zulassungsgrundes nicht. Der Beschwerdeführer hat vielmehr den Zulassungsgrund konkret darzulegen (BAG-Urteil vom 20.01.2005 – 2 AZN 941/04).

Nichtzulassungsbeschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung

Die Nichtzulassungsbeschwerde kann damit begründet werden, dass eine im landesarbeitsgerichtlichen Verfahren streitgegenständliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat und diese Rechtsfrage entscheidungserheblich ist (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG). Grundsätzliche Bedeutung liegt vor, wenn die Klärung der Rechtsfrage entweder von allgemeiner Bedeutung für die Rechtsordnung ist oder wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen zumindest eines größeren Teils der Allgemeinheit berührt.

Eine Rechtsfrage ist eine Frage, welche die Wirksamkeit, den Geltungsbereich, die Anwendbarkeit oder den Inhalt einer Norm zum Gegenstand hat (BAG, Beschluss vom 23.06.2016 – AZN 205/16). Macht der Beschwerdeführer in seiner Nichtzulassungsbeschwerde geltend, das LAG habe die für die betriebliche Altersversorgung maßgeblichen Versorgungsrichtlinien fehlerhaft ausgelegt, kann die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben. Versorgungsrichtlinien stellen nämlich Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 ff. BGB dar. Die Auslegungen Allgemeiner Geschäftsbedingungen betrifft aber keine Rechtsfrage im Sinne von § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG, denn Allgemeine Geschäftsbedingungen sind keine Rechtsnormen, sondern vertragliche Regelungen (BAG, Beschluss vom 24.07.2019 – 3 AZN 627/19). Mit Beschluss vom 03.05.2022 hat das Bundesarbeitsgericht allerdings bezüglich der Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas entschieden, dass dies zwar Allgemeine Geschäftsbedingungen seien, jedoch eine Bedeutung erlangt hätten, die einer Rechtnorm mit abstrakter Bedeutung für die Allgemeinheit gleichkomme. Sie seien daher als Rechtsnorm zu behandeln (BAG, Beschluss vom 03.05.2022 – 3 AZN 45/22).

Der Beschwerdeführer hat die nach § 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG von ihm darzulegende entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu benennen und regelmäßig so präzise und konkret zu formulieren, dass sie bejaht oder verneint werden kann. Das schließt zwar im Einzelfall eine differenzierte Formulierung nicht aus, unzulässig ist aber eine Fragestellung, deren Beantwortung von den Umständen des Einzelfalls abhängt (BAG, Beschluss vom 18.09.2012 – 3 AZN 952/12). Darüber hinaus sind die Klärungsbedürftigkeit, Entscheidungserheblichkeit und allgemeine Bedeutung für die Rechtsordnung und ihre Auswirkungen auf die Interessen jedenfalls eines größeren Teils der Allgemeinheit aufzuzeigen (BAG, Beschluss vom 13.08.2019 – 8 AZN 171/19).

Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch dann begründet, wenn das Urteil des LAG von Entscheidungen folgender Gerichte abweicht und das angefochtene Urteil auf dieser Abweichung beruht.

  • Entscheidungen des BAG
  • Entscheidung einer anderen Kammer desselben LAG oder eines anderen LAG (nur solange eine Entscheidung des BAG in der streitgegenständlichen Rechtsfrage nicht ergangen ist)
  • Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
  • Entscheidungen des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes

Zur ordnungsgemäßen Begründung einer sogenannten „Divergenzbeschwerde“ gehört, dass der Beschwerdeführer einen abstrakten Rechtssatz aus der anzufechtenden Entscheidung sowie einen hiervon abweichenden abstrakten Rechtssatz aus einer Entscheidung der o.g. Gerichte anführt und darlegt, dass das anzufechtende Urteil auf dieser Abweichung beruht (BAG-Beschluss vom 17.01.2012 – 5 AZN 1358/11). Eine Divergenzbeschwerde kann jedoch nur dann begründet sein, wenn die Divergenz noch zum Zeitpunkt der Entscheidung des BAG über die Nichtzulassungsbeschwerde besteht. Nicht ausreichend ist es, wenn die Abweichung lediglich bei Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde bestand (BAG-Beschluss vom 03.11.1982 – 4 AZN 420/82).

Nichtzulassungsbeschwerde wegen eines absoluten Revisionsgrundes

Weiterhin kann die Nichtzulassungsbeschwerde auch auf das Vorliegen eines absoluten Revisionsgrundes gemäß § 547 Nr. 1 – 5 ZPO gestützt werden, sofern der Verfahrensverstoß entscheidungserheblich ist. Diese absoluten Revisionsgründe sind gegeben,

  • wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (§ 547 Nr. 1 ZPO);
  • wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist (§ 547 Nr. 2 ZPO);
  • wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (547 Nr. 3 ZPO);
  • wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (§ 547 Nr. 4 ZPO);
  • wenn die Entscheidung aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahren verletzt sind (§ 547 Nr. 5 ZPO).

Nichtzulassungsbeschwerde wegen Verletzung rechtlichen Gehörs

Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG ist die Revision zuzulassen, wenn eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt. Hat das Landesarbeitsgericht trotz entscheidungserheblicher Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör die Revision nicht zugelassen, kann die Nichtzulassung gemäß § 72a Abs. 3 S. 2 Nr. 3 Alt. 2 ArbGG beim BAG angefochten werden. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kommt bei folgenden drei Fallgruppen in Betracht: 1. Übergehung von entscheidungserheblichem Vortrag 2. Übergehung eines Beweisantrags 3. Überraschungsentscheidung.

1. Übergehung von entscheidungserheblichem Vortrag

Die Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 Abs. 1 GG liegt vor, wenn das Gericht seiner Pflicht, Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und sie in Erwägung zu ziehen, verletzt (BGH, Beschluss vom 13.3.2018 – VI ZR 281/16). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BGH, Beschluss vom 24.03.2015 – VI ZR 179/13). Allerdings schützt Art. 103 Abs. 1 GG nicht davor, dass das Gericht dem Vortrag der Beteiligten in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht die aus deren Sicht richtige Bedeutung beimisst (BAG, Beschluss vom 31.05.2006 – 5 AZR 342/06 (F)).  Im Falle eines unberücksichtigt gebliebenen Sachvortrags reicht es für die Beschwerdebegründung nicht aus, wenn lediglich darauf hingewiesen wird, das anzufechtende Urteil habe Vorbringen zu dieser oder jener Norm übergangen. Die Darlegung hat vielmehr so substantiiert zu erfolgen, dass das Revisionsgericht in die Lage versetzt wird, allein anhand der Beschwerdeschrift und des Berufungsurteils das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung zu prüfen (BAG-Beschluss vom 20.01.2005 – 2 AZN 941/04).

2. Übergehung eines Beweisantrags

Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann auch dann verletzt sein, wenn das Gericht eine Beweisaufnahme unterlassen hat. Von einer Beweiserhebung kann ein Gericht nur absehen, wenn das Beweismittel nicht entscheidungserheblich ist, die umstrittene Tatsache zugunsten des Beweisführers als wahr unterstellt werden kann oder das Beweismittel unerreichbar, unzulässig oder absolut untauglich ist. Rügt der Beschwerdeführer das Übergehen eines Beweisantritts, muss er nach Beweisthema und Beweismittel angeben, zu welchem Punkt das Landesarbeitsgericht eine an sich gebotene Beweisaufnahme unterlassen haben soll. Dazu gehört grundsätzlich die Darlegung, dass die Unterlassung der Beweiserhebung kausal für die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts gewesen ist (BAG, Beschluss vom 10.05.2005 – 9 AZN 195/05).

3. Überraschungsentscheidung

Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist auch dann verletzt, wenn das LAG ohne vorherigen Hinweis auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (BAG, Beschluss vom 20.03.2008 – 8 AZN 1062/07). Der Anspruch auf rechtliches Gehör dient jedoch nicht dazu, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, welche eine fachkundig vertretene Partei in zumutbarer Weise selbst hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (BAG, Beschluss vom 20.05.2008 – 9 AZN 1258/07). Darüber hinaus schützt der Anspruch auf rechtliches Gehör nicht davor, dass ein Gericht für die Entscheidung des Rechtsstreits maßgebliche Normen oder Normgefüge nicht sorgfältig genug liest und ihm dadurch ein Rechtsfehler unterläuft. Auch ist das Gericht vor Schluss der mündlichen Verhandlung grundsätzlich nicht zur Offenlegung seiner Rechtsauffassung verpflichtet (BAG, Beschluss vom 17.01.2012 – 5 AZN 1358/11).

Eine Nichtzulassungsbeschwerde wegen einer „Überraschungsentscheidung“ kann im Übrigen nur dann Erfolg haben, wenn in der Beschwerdebegründung dargelegt werden kann, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht hätte erteilen müssen, was genau der Beschwerdeführer auf diesen Hinweis hin vorgetragen hätte und dass das Landesarbeitsgericht aufgrund dieses Vortrags eine für den Beschwerdeführer günstigere Entscheidung getroffen hätte.

Kosten

Die Gerichtskosten bei Erhebung einer Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BAG richten sich nach den Nummern 8612 und 8613 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG. Soweit die Beschwerde verworfen oder zurückgewiesen wird, fallen 1,6 Gebühren an (Nr. 8612); soweit die Beschwerde zurückgenommen oder das Verfahren durch anderweitige Erledigung beendet wird, fallen 0,8 Gerichtsgebühren an. Wird die Revision hingegen zugelassen, fallen keine Gerichtsgebühren an.

Die Rechtsanwaltsgebühren für Nichtzulassungsbeschwerden beim BAG gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmen sich nach der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Ziffer 3506 VV (1,6-fache Verfahrensgebühr) und – wenn ausnahmsweise eine mündliche Verhandlung über die Nichtzulassungsbeschwerde stattfindet – nach Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG, Ziffer 3516 VV (1,2-fache Terminsgebühr). Die Verfahrensgebühr wird jedoch auf die Verfahrensgebühr für ein etwaig nachfolgendes Revisionsverfahren angerechnet.

Fazit

Hat das Landesarbeitsgericht die Revision an das Bundesarbeitsgericht gegen ein Urteil nicht zugelassen, sollte stets geprüft werden, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 72a ArbGG Aussicht auf Erfolg hat. Rein statistisch gesehen sind die Erfolgsaussichten allerdings gering. Im Jahr 2019 lag die Erfolgsquote bei lediglich 4 %. Bei diesem statistischen Wert ist jedoch zu berücksichtigen, dass viele Beschwerden vom BAG zurückgewiesen wurden, weil es an einer hinreichend substantiierten Beschwerdebegründung fehlte.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

 

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) hat der Arbeitnehmer die Elternzeit vom Arbeitgeber schriftlich zu verlangen und gleichzeitig zu erklären, für welche Zeiten er „innerhalb von zwei Jahren“ Elternzeit nehmen will. Diese Anforderung ist so zu verstehen, dass der Arbeitnehmer bei der ersten Inanspruchnahme mindestens den Zweijahreszeitraum abdecken muss. Das trägt dem Interesse des Arbeitgebers an Planungssicherheit Rechnung. Bleibt die mitgeteilte Elternzeit hinter 2 Jahren zurück, kann der Arbeitnehmer gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 eine Verlängerung der Elternzeit grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitgebers erreichen (vgl. hierzu auch den Beitrag „Verlängerung der Elternzeit – Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich“). Gegen den Willen des Arbeitgebers ist eine Verlängerung der Elternzeit bei der oben genannten Fallgestaltung nur möglich, „wenn ein vorgesehener Wechsel in der Anspruchsberechtigung aus einem wichtigen Grund nicht erfolgen kann“, § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG.

Arbeitgeber muss Entscheidung nach „billigem Ermessen“ treffen

In seinem Urteil vom 18.10.2011 (Az. 9 AZR 315/10) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass die Zustimmung des Arbeitgebers nicht in dessen freien Belieben steht. Vielmehr hat der Arbeitgeber entsprechend § 315 Abs. 1 BGB nach billigem Ermessen zu entscheiden, ob er die zur Verlängerung der Elternzeit nach § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG erforderliche Zustimmung erteilt. Im Gesetz ist nicht bestimmt, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitgeber die Zustimmung verweigern darf oder erteilen muss. In der Vorinstanz hatte das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg daraus in seinem Urteil vom 14.10.2010 (Az. 10 Sa 59/09) geschlossen, dass der Arbeitgeber bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs in seiner Entscheidung frei sei, ob er der Verlängerung zustimme. Dieser Auffassung widersprach der 9. Senat des BAG. Wenn ein Gesetz die im Interesse der Eltern notwendige Flexibilisierung der Elternzeit im Einzelfall von der Zustimmung des Arbeitgebers abhängig macht, dürfe ohne konkrete Anhaltspunkte im Wortlaut des Gesetzes nicht angenommen werden, die Entscheidung über die Zustimmung stehe im freien Belieben des Arbeitgebers. Aus der Gesetzesbegründung folge zudem, dass der Gesetzgeber mit dem Zustimmungserfordernis lediglich deutlich machen wollte, es solle kein einseitiger Anspruch auf Verlängerung bestehen. Die berechtigten Interessen des Arbeitgebers, seine für die in Anspruch genommene Elternzeit getroffenen Dispositionen aufrecht erhalten zu können, sollen einem vorbehaltlosen Rechtsanspruch entgegenstehen. Damit werde deutlich, dass es dem Gesetzgeber darauf ankam, mit dem Zustimmungserfordernis einen Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu gewährleisten. Dieser werde nur bei entsprechender Anwendung der Auslegungsregel des § 315 Abs. 1 BGB ermöglicht. Danach solle der Arbeitgeber durch die Ausübung der ihm vorbehaltenen Zustimmung nach billigem Ermessen darüber entscheiden können, ob die Elternzeit verlängert wird oder nicht.

Empfehlung

Arbeitnehmer, die sich zunächst auf eine Elternzeit von unter 2 Jahren festgelegt haben und die Elternzeit nachträglich verlängern wollen, sollten zunächst prüfen, ob eine Verlängerung ohne Zustimmung des Arbeitgebers gemäß § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG verlangt werden kann. Das ist der Fall, wenn die anspruchsberechtigten Eltern einen gegenseitigen Wechsel in den Elternzeiten vorgesehen hatten, der sich plötzlich nicht mehr verwirklichen lässt. Ist ein Fall des § 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG nicht gegeben und versagt der Arbeitgeber berechtigterweise seine Zustimmung, kommt der Arbeitnehmer bei Nichtaufnahme der Tätigkeit nach Ablauf der ursprünglichen Elternzeit in Schuldnerverzug. Er genießt zudem nicht länger den besonderen Kündigungsschutz des § 18 BEEG. Hat der Arbeitgeber dagegen seine Zustimmung ermessensfehlerhaft verweigert, kann der Arbeitnehmer seinen Anspruch vor dem zuständigen Arbeitsgericht geltend machen. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass nicht die Feststellung verlangt werden kann, dass dem Arbeitnehmer über den ursprünglich bestimmten Zeitpunkt hinaus Elternzeit zustehe. Richtig ist es vielmehr, beim Arbeitsgericht zu beantragen, den Arbeitgeber zu verurteilen, die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit zu erklären.

Wenn Sie Fragen zur Elternzeit haben, rufen Sie uns an oder schreiben uns eine E-Mail. Wir beraten Sie gerne.

 

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg