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In Elternzeit befindliche Arbeitnehmer* können von ihrem Arbeitgeber unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, ihre bisherige Tätigkeit in einem Umfang von 15 bis 30 Wochenstunden während der Elternzeit auszuüben. Dieser Anspruch ist in § 15 Abs. 7 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzt (BEEG) bestimmt. In diesem Artikel werden die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit erläutert. Insbesondere soll in dem Artikel auch herausgestellt werden, in welchen Fällen der Arbeitgeber eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ablehnen kann.

Vereinbarungslösung

Gemäß § 15 Abs. 5 S. 1 – 3 BEEG soll der Arbeitnehmer zunächst versuchen, eine einvernehmliche Regelung über eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit herbeizuführen. Wird eine solche einvernehmliche Regelung getroffen, sind sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer daran gebunden.

Einseitiges Verfahren

Können sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber nicht auf eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit einigen, kann der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber unter den folgenden Voraussetzungen die Zustimmung für eine Teilbeschäftigung während der Elternzeit verlangen.

  1. Der Arbeitgeber muss in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigen. Auszubildende sind hierbei nicht mitzuzählen. Unerheblich ist, ob die beim Arbeitgeber beschäftigten Arbeitnehmer in Vollzeit oder in Teilzeit beschäftigt sind. Die Voraussetzung ist also auch dann erfüllt, wenn ein Arbeitgeber in der Regel 16 Teilzeitmitarbeiter beschäftigt.
  2. Das Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber muss ohne Unterbrechung länger als 6 Monate bestanden haben.
  3. Die Teilzeitbeschäftigung muss mindestens zwei Monate lang erfolgen. Die Wochenarbeitszeit muss zwischen 15 und 30 Stunden liegen.
  4. Dem Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit dürfen keine „dringenden betrieblichen Gründe“ entgegenstehen (Näheres siehe unten).
  5. Der Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit muss spätestens sieben Wochen vor dem gewünschten Beginn der Teilzeitbeschäftigung gestellt werden. Wird Elternzeit in einem Zeitraum zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes genommen, beträgt die Frist 13 Wochen (relevant gemäß dem Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz nur bei Elternzeit für ab dem 01.07.2015 geborene Kinder) .
  6. Der Antrag des Arbeitnehmers muss hinreichend bestimmt sein. Hierfür ist erforderlich, dass der Antrag den Beginn und den Umfang der Teilzeittätigkeit enthält (§ 15 Abs. 7 S. 2 BEEG). Darüber hinaus soll der Antrag gemäß § 15 Abs. 7 S. 3 BEEG die Verteilung der Arbeitszeit, also Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie ihre Verteilung auf die Wochentage, angegeben werden. Dies ist jedoch keine Anspruchsvoraussetzung.

Fingierte Zustimmung bei nicht rechtzeitiger Ablehnung

Sofern der Arbeitgeber den Antrag des Arbeitnehmers auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ablehnen will, muss er dies innerhalb von vier Wochen mit schriftlicher Begründung tun. Nach dem Gesetz zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz gilt die Zustimmung des Arbeitgebers zur beantragten Teilzeitbeschäftigung bei Elternzeit für ab dem 01.07.2015 geborene Kinder als erteilt, wenn der Arbeitgeber die Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit nicht spätestens vier Wochen (acht Wochen bei Betreuung eines Kindes nach dessen dritten Geburtstag) nach Zugang des Antrages schriftlich abgelehnt hat. Dies bedeutet, dass der Antrag auf Teilzeit während der Elternzeit bei nicht rechtzeitiger schriftlicher Ablehnung zukünftig selbst dann als genehmigt gilt, wenn der Arbeitgeber berechtigt gewesen wäre, den Wunsch nach Teilzeit während der Elternzeit abzulehnen.

Inhalt des Ablehnungsschreibens

Die Ablehnung des Elternteilzeitantrags muss unter Einhaltung der Schriftform des § 126 Abs. 1 BGB erfolgen. In seinem Ablehnungsschreiben hat der Arbeitgeber den wesentlichen Kern der betrieblichen Hinderungsgründe zu benennen. Er muss die Tatsachen mitteilen, die für die Ablehnung maßgeblich sind. Es bedarf dazu aber nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts weder einer „schlüssigen“ noch einer „substantiierten“ Darlegung (BAG, Urteil vom 11.12.2018 – 9 AZR 298/18). Sofern der Arbeitnehmer die Ablehnung nicht akzeptiert und vor dem Arbeitsgericht seinen Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit geltend macht, darf sich der Arbeitgeber im gerichtlichen Verfahren nur auf solche Gründe stützen, die er in seinem form- und fristgerechten Ablehnungsschreiben genannt hat (BAG, Urteil vom 11.12.2018 – 9 AZR 298/18).

Dem Antrag auf Teilzeit entgegenstehende dringende betriebliche Gründe

Gemäß § 15. Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG ist Voraussetzung für den Anspruch auf eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit, dass dem Anspruch keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen. Durch die Formulierung im Gesetz wollte der Gesetzgeber deutlich machen, dass im Rahmen einer im Einzelfall ausgerichteten Interessenabwägung für eine berechtigte Ablehnung des Antrags auf Teilzeit ein deutliches Übergewicht der betrieblichen Interessen an der Vermeidung einer Teilzeitbeschäftigung bestehen muss. Die Anforderungen an die betrieblichen Gründe sind insbesondere höher als jene für die Ablehnung eines Anspruches auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG). Dort werden nämlich lediglich „betriebliche Gründe“ gefordert. Mit dem Begriff „dringend“ in § 15 Abs. 7 S. 1 Nr. 4 BEEG wird gemäß der Gesetzesbegründung ausgedrückt, dass die entgegenstehenden betrieblichen Gründe „nahezu zwingend“ oder „unabweisbar“ sein müssen. Eine Ablehnung einer Teilzeitbeschäftigung kommt danach nur in Ausnahmefällen in Betracht.

Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes als dringender betrieblicher Grund

Beruft sich der Arbeitgeber bei der Ablehnung des Antrages auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit darauf, dass der Arbeitsplatz unteilbar sei, etwa weil der in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer in einer Leitungsfunktion tätig ist, muss er alle Möglichkeiten einer betrieblichen Umorganisation prüfen und überzeugend darlegen, dass eine Reduzierung der bisherigen Arbeitszeit gegenüber einem vollständigen Ruhen während der Elternzeit nicht durchführbar ist. Hierbei hat er etwaige mit der Teilzeitbeschäftigung des Arbeitnehmers verbundene betriebliche Schwierigkeiten und möglicherweise erforderliche Überbrückungsmaßnahmen in Kauf zu nehmen.

Berufung auf fehlenden Beschäftigungsbedarf als dringender betrieblicher Grund

Stützt der Arbeitgeber die Ablehnung der beantragten Teilzeitbeschäftigung auf mangelnden Beschäftigungsbedarf, ist gemäß dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 05.06.2007 (Az. 9 AZR 82/07) regelmäßig erforderlich, dass der Arbeitgeber zur Erfüllung der ihm obliegenden Darlegungslast seinen Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität für Aufgaben, die er dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechtes übertragen kann, vorträgt und diesem die tatsächliche Besetzungssituation gegenüber stellt. Insbesondere bei größeren Betrieben könne wegen der dynamischen Entwicklung im Personalbereich durch Fluktuation oder Inanspruchnahme von Elternzeit auf die arbeitgeberseitige Darlegung der oben beschriebenen Gegenüberstellung nicht verzichtet werden. Eine Ausnahme ist allenfalls  bei kleineren Unternehmen oder im öffentlichen Dienst bei einer vorgegebenen Anzahl von Planstellen denkbar.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der dringenden betrieblichen Gründe

Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 15.12.2009 (Az. 9 AZR 72/09) entschieden, dass für die Beurteilung der dringenden betrieblichen Gründe auf die Verhältnisse im Zeitpunkt der Antragsablehnung durch den Arbeitgeber abzustellen ist. Das Arbeitsgericht Hamburg vertritt in seinem Urteil vom 08.05.2014 (Az. 29 Ca 577/13) hingegen, dass es auf die Umstände zum Schluss der mündlichen Verhandlung ankommt. Zur Begründung weist es darauf hin, dass in dem vorgenannten Urteil des BAG lediglich thesenartig auf frühere Rechtsprechungen des BAG zum Teilzeitwunsch des § 8 TzBfG außerhalb der Elternzeit verwiesen wird. In § 8 Abs. 6 TzBfG werde jedoch zum Schutz des Arbeitgebers geregelt, dass der Arbeitnehmer erst nach Ablauf von zwei Jahren nach berechtigter Abweisung eines Teilzeitbegehrens wieder einen neuen Antrag stellen kann und betriebliche Veränderungen in der Zwischenzeit daher unbeachtlich sind. Da es eine solche Regelung jedoch in § 15 BEEG nicht gibt, sei für die Beurteilung der Frage, ob dem Teilzeitbegehren des Arbeitnehmers dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, der Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung maßgeblich.

Anspruch des Arbeitnehmers auf Annahmeverzugslohn

Lehnt der Arbeitgeber den arbeitnehmerseitigen Antrag auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ab, obwohl die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 7 BEEG erfüllt sind, oder beschäftigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer trotz nicht rechtzeitiger Ablehnung des Teilzeitantrages nicht, stehen dem Arbeitnehmer Ansprüche auf Annahmeverzugslohn gemäß § 615 BGB zu. Der Arbeitnehmer hat danach Anspruch auf das ihm arbeitsvertraglich zustehende Arbeitsentgelt unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen beantragter Wochenarbeitszeit und der im Arbeitsvertrag bestimmten Wochenarbeitszeit. Er muss sich allerdings auf seinen Vergütungsanspruch gemäß § 615 S. 2 BGB das anrechnen lassen, was er in Folge des Unterbleibens der Arbeitsleistung erspart, durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

Praxistipp

In Elternzeit befindlichen Arbeitnehmern ist zu empfehlen, dem Arbeitgeber bereits bei Beanspruchung der Elternzeit mitzuteilen, dass ein Wunsch nach einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit besteht. Dann muss der Arbeitgeber dies bei seiner Personalplanung berücksichtigen und wird nur in seltenen Fällen berechtigt sein, den Antrag auf Teilzeitbeschäftigung abzulehnen.

„Betroffenen“ Arbeitgebern, die keinen (Teilzeit-)Beschäftigungsbedarf haben oder bei denen in Teilzeit beschäftigte Arbeitnehmer nicht in die Organisationsstruktur passen, ist zu empfehlen, zu versuchen, zusammen mit dem Arbeitnehmer eine einvernehmlich Lösung zu finden.  Die strikte Ablehnung einer Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit ist wegen der hohen Darlegungslast im arbeitsgerichtlichen Verfahren mit erheblichen Risiken verbunden. Allerdings kommt es hierbei stets auf den Einzelfall an.

Sofern Sie Fragen zur Elternzeit, insbesondere zum Anspruch auf Teilzeit in Elternzeit haben, unterstützen wir Sie gerne. Sprechen Sie uns einfach an oder schreiben uns eine E-Mail. Bitte

Jan Zülch, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg/Lüneburg

*  Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Artikel auf geschlechtsspezifische Doppelnennungen verzichtet.

Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) muss der Arbeitnehmer verbindlich erklären, für welchen Zeitraum innerhalb von 2 Jahren er Elternzeit nimmt. Die vom Arbeitnehmer erklärte Elternzeit kann grundsätzlich nur mit Zustimmung des Arbeitgebers verlängert werden (§ 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG). Nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kann der Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Arbeitgebers eine Verlängerung verlangen (§ 16 Abs. 3 Satz 4 BEEG).

Zustimmung auch bei Geltendmachung von Elternzeit im dritten Lebensjahr des Kindes?

Ein Anspruch auf Elternzeit besteht jedoch nicht nur für 2 Jahre sondern bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes. Fraglich ist daher, ob bei    Inanspruchnahme der Elternzeit in diesem 3. Lebensjahr eine zustimmungsbedürftige Verlängerung gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG oder ein erneutes,  ohne die Einwilligung des Arbeitgebers mögliches Verlangen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG zu sehen ist.

Entscheidung des LAG Sachsen

Das Landesarbeitsgericht Sachsen ist in seinem Urteil vom 17.05.2011 (Az. 7 Sa 137/10) davon ausgegangen, dass die Beanspruchung von Elternzeit durch den Arbeitnehmer für das dritte Jahr nach der Geburt des Kindes im Anschluss an die 2-jährige Elternzeit wiederum die Geltendmachung i.S.v. § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG darstellt und es folglich der Zustimmung des Arbeitgebers nicht bedarf. Lediglich innerhalb der ersten zwei Jahre sei die Planung des Arbeitnehmers verbindlich. Nur wenn der Arbeitnehmer eine Elternzeit von weniger als 2 Jahren mitgeteilt hat und während dieser Elternzeit eine Verlängerung begehrt, bedürfe es der Zustimmung des Arbeitgebers gemäß § 16 Abs. 3 Satz 1 BEEG. Das dritte Lebensjahr des Kindes dagegen sei von der Bindungswirkung der Mitteilung des Arbeitnehmers nicht erfasst. Nach der gesetzlichen Konzeption sei der Arbeitnehmer zur Durchsetzung seines Anspruchs auf Elternzeit auf keine Mitwirkung des Arbeitgebers angewiesen. Mit dem form- und fristgerechten Verlangen nach Elternzeit gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG würden die beiderseitigen Hauptpflichten in den vom Arbeitnehmer angegebenen Zeiträumen suspendiert. Das Interesse des Arbeitnehmers an Betreuung und Erziehung des Kindes sei gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an einer ungestörten Fortführung des Arbeitsvertrages vorrangig. Dementsprechend seien die Vorschriften über die Elternzeit auch unabdingbar.

Das Urteil des LAG Sachsen wird in der einschlägigen Fachliteratur zum Teil kritisch gesehen. Da die Revision für den beklagten Arbeitgeber ausdrücklich zugelassen wurde, kann davon ausgegangen werden, dass das Bundesarbeitsgericht die Rechtsfrage endgültig klären wird.

Praxistipp

Unumstritten ist, dass eine mitgeteilte Elternzeit für die ersten beiden Lebensjahre des Kindes für den Arbeitnehmer verbindlich ist. Will er die in diesem Rahmen verlangte Elternzeit verkürzen oder verlängern, bedarf es nur dann nicht der Zustimmung des Arbeitgebers, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Eine andere Thematik im Zusammenhang mit der Elternzeit stellt der Anspruch des Arbeitnehmers auf Teilzeit innerhalb der Elternzeit dar. Hierfür hat der Gesetzgeber in § 15 Abs. 4 bis 7 BEEG besondere Regelungen geschaffen.

Sollten Sie Fragen zum Anspruch auf Elternzeit, zu den Möglichkeit der Verlängerung der  Elternzeit oder zu den Regelungen zur Teilzeit innerhalb der Elternzeit haben, beraten wir Sie gerne. Melden Sie sich einfach telefonisch oder per E-Mail.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg