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Neben einer schriftlichen Vereinbarung (z.B. den Arbeitsvertrag, Nachträge zum Arbeitsvertrag, Vereinbarungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, Tarifvertrag usw.) für den Anspruch auf bestimmte Leistungen gibt es für den Arbeitnehmer und den Arbeitgeber weitere, rechtlich bedeutsame Möglichkeiten:

Hierzu gehören sowohl Ansprüche aus dem Gesetz als auch Ansprüche aus betrieblicher Übung.

Anspruch auf Gleichbehandlung

Der bekannteste Anspruch ist derjenige aus dem AGG – besondere Bekanntheit erreicht diese Grundlage durch das grundsätzliche Verbot der Diskriminierung eines Geschlechts im Bewerbungsverfahren. Befolgt der Arbeitgeber dieses Gebot nicht, macht er sich schadensersatzpflichtig.

Anspruch aufgrund betrieblicher Übung

Der Anspruch aufgrund betrieblicher Übung taucht insbesondere im Zusammenhang mit dem Weihnachtsgeld oder dem Urlaubsgeld auf.

Voraussetzung eines Anspruches aufgrund betrieblicher Übung ist, dass der Arbeitgeber regelmäßig das gleiche Verhalten gezeigt hat, so dass der Arbeitnehmer darauf vertrauen durfte, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten auch in Zukunft zeigen wird.

Daraus folgt, dass alle Bestandteile des Arbeitsvertrags durch betriebliche Übung geregelt werden können.

Weihnachtsgeld aufgrund betrieblicher Übung

Im Falle des Weihnachtsgeldes wäre demnach Voraussetzung, dass der Arbeitgeber dieses mehrere Jahre in der gleichen Art und Weise (entweder gleiche Höhe oder gleiche Berechnungsweise) gezahlt hat, so dass der Arbeitnehmer sich darauf eingestellt hat. Als ausreichende Dauer der „freiwilligen“ Leistung hat die Rechtsprechung einen Zeitraum von drei Jahren angesehen, ab diesem Zeitpunkt wird aus der ehemals freiwilligen Leistung des Arbeitgebers ein Anspruch des Arbeitnehmers und eine Verpflichtung des Arbeitgebers. Auch bei Gewähr der Leistung in unterschiedlicher Höhe kann eine betriebliche Übung und damit ein Anspruch entstehen, BAG 13.05.2015, (10 AZR 266/14)

Betriebliche Altersversorgung und betriebliche Krankenversicherung aus betrieblicher Übung

In Betracht kommen aber auch andere Ansprüche, die teilweise sehr kostenintensiv sein können. Hier ist an die betriebliche Altersversorgung und die betriebliche Krankenversorgung zu denken.

Der Anspruch auf betriebliche Krankenversicherung kann beispielsweise dann besonders schwer wiegen, wenn der Arbeitgeber einen Versicherungsvertrag (Gruppenversicherungsvertrag) mit beschränkter Laufzeit abgeschlossen hat, seine Arbeitnehmer für diesen Zeitraum Leistungen aus der Krankenversicherung erhalten (=regelmäßige Leistung), ohne dass er diese zeitlich eingegrenzt hat, und der Versicherungsvertrag nach Ablauf der Laufzeit nicht verlängert wird. Erkrankt ein Arbeitnehmer nach Ablauf der Versicherungsperiode, hat dieser gleichwohl einen Anspruch auf die Leistungen aus der betrieblichen Krankenversicherung. Da die Versicherung den Anspruch mangels Gruppenversicherungsvertrag nicht erfüllen wird, besteht der Anspruch im Falle betrieblicher Übung gegen den Arbeitgeber. Hier kann es zu erheblichen Zahlungsansprüchen kommen.

Für die betriebliche Altersversorgung ist dieser Umstand sogar gesetzlich normiert, § 1b Abs. 1 S. 4  BetrAVG.

Umso wichtiger ist es sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer, die Umstände einer Leistung zu dokumentieren und transparent zu regeln.

Abänderung einer betrieblichen Übung

Eine einmal entstandene betriebliche Übung lässt sich nur einvernehmlich durch vertragliche Anpassung oder durch Änderungskündigung entfernen.

Bei ersterer ist der Arbeitgeber auf die Zustimmung des Arbeitnehmers angewiesen.

Bei letzterer muss der Arbeitgeber die Änderungskündigung gegenüber jedem Mitarbeiter, der einen Anspruch erworben hat und den der Arbeitgeber nicht mehr erfüllen möchte, aussprechen.

 

Taktik: Verhindern der betrieblichen Übung

Sinnvoller und weniger aufwändig ist es daher, das Entstehen eines Anspruchs aufgrund betrieblicher Übung bei freiwilligen Leistungen von vorne herein zu verhindern.  Hier gibt es zwei Möglichkeiten:

Keine Regelmäßigkeit

Dies kann der Arbeitgeber erreichen, indem er die Leistung nicht regelmäßig gewährt. Im Falle des Weihnachtsgeldes bedeutet dies also, dass keine drei Jahre oder länger in Folge Weihnachtsgeld gezahlt wird.

Für die betriebliche Krankenversicherung gibt es noch keine Rechtsprechung, die zur notwendigen Dauer Stellung bezieht. Orientiert man sich jedoch an der Rechtsprechung zum Weihnachtsgeld (3malige Leistung) ist bereits fraglich, ob eine betriebliche Übung durch unregelmäßige Leistung überhaupt verhindert werden kann.

Hinweis auf Freiwilligkeit

Der Arbeitgeber kann die betriebliche Übung auch verhindern, indem er stets auf die Freiwilligkeit der Leistung hinweist.

In beiden Fällen entsteht kein Vertrauensschutz auf Seiten des Arbeitnehmers, so dass dieser sich nicht auf die betriebliche Übung berufen kann.

Besser: Vertragliche Regelung zur Widerruflichkeit

Will der Arbeitgeber hingegen eine Leistung gewähren, jedoch den Umfang der Leistung auch in Zukunft anpassen können, empfiehlt es sich, dies ausdrücklich zu regeln.

Dies ist zum einen einzelvertraglich möglich. Hier muss der Arbeitgeber die Regelungen zur Gestaltung des Arbeitsvertrags, insbesondere die Rechtsprechung zu den Klauseln eines Arbeitsvertrags nach AGB-Recht berücksichtigen.

Weiter ist dies aber auch durch Zusagen gegenüber der gesamten Belegschaft möglich. In Betrieben ohne Betriebsrat erfolgt dies durch eine Gesamtzusage. Hier kann sowohl die Dauer der Leistung, als auch die Höhe und die zeitliche Wirksamkeit der Zusage geregelt werden.

Selbiges gilt bei Betrieben mit Betriebsräten. Hier erfolgt die Zusage in Abstimmung mit dem Betriebsrat, sie wird Betriebsvereinbarung genannt und kann insbesondere auch Regelungen zur Geltungsdauer der Zusage beinhalten.

 

Haben Sie Fragen zur betrieblichen Übung, zu einem Anspruch auf Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld oder zum Erhalt der Freiwilligkeit der Leistung? Wir beraten Sie gerne.