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Die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen KiTa-Platz zum 01.08.2013 auch für Kinder zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr hat zu einiger Bewegung in der Belegung der Kinderbetreuungseinrichtungen geführt: Viele städtische Kindergärten haben aufgrund der vielen privaten Neugründungen nicht mehr die gleiche Anzahl betreuter Kinder wie zuvor – dies kann für die beschäftigten Betreuer/innen erhebliche Auswirkungen haben, da sich die Höhe des monatlichen Gehalts nach ihrer Funktion in der Einrichtung aber auch nach ihrer Verantwortung richtet, die bei höherer Belegung höher bewertet wird.

Für die angestellten Betreuer/Innen stellt sich daher die Frage, ob eine Änderung der Eingruppierung in eine Entgeltgruppe des Tarifvertrags (Anlage C zum TVöD-B/TVöD SuE ab 01.08.2013) nachträglich möglich ist. Dies ist von der konkreten arbeitsvertraglichen Regelung und dem Einzelfall abhängig. Hierbei kommen die folgenden Fallgestaltungen in Betracht:

1. Variante: Falsche Eingruppierung bereits zu Beginn; Zusage der Eingruppierung im Arbeitsvertrag

Diese Variante liegt vor, wenn im Arbeitsvertrag eine Entgeltgruppe verbindlich festgelegt wurde, ohne dass ein Bezug zur tatsächlichen Tätigkeit besteht. Bei einer verbindlichen Vereinbarung  ist das Entgelt unabhängig von der Tätigkeit geschuldet. Wird die Tätigkeit nachträglich geändert, hat dies keinen Einfluss auf die Eingruppierung in eine Entgeltgruppe: es ist das vereinbarte Entgelt geschuldet. Wünscht der Arbeitgeber eine Änderung der Eingruppierung,  so ist eine nachträgliche Abänderung nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers möglich. Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, eine Änderungskündigung auszusprechen und so die Zustimmung des Arbeitnehmers zu erhalten – der Arbeitnehmer sollte die Wirksamkeit der Kündigung überprüfen und kann bei Wirksamkeit dem Angebot des Arbeitgebers auf Abschluss des geänderten Arbeitsvertrags zustimmen. Eine ohne weiteres vorgenommene Kürzung des Entgelts ist nicht rechtmäßig.

2. Variante: Falsche Eingruppierung bereits zu Beginn; Vereinbarung einer bestimmten Tätigkeit

Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag wirksam eine bestimmte Tätigkeit vereinbart und bei der Zusage des Entgelts lediglich eine deklaratorische Verweisung auf einen geltenden Tarifvertrag gewählt, so ist die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entscheidend und entgeltbestimmend. Ist der deklaratorische Verweis fehlerhaft, so kann der Arbeitgeber das Entgelt der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit angleichen. Der Arbeitgeber erfüllt seine Vertragspflicht auch bereits mit der Zahlung eines niedrigeren Entgelts, während dem Arbeitnehmer grundsätzlich kein Anspruch auf die Zahlung des höheren Entgelts zusteht. Allerdings kann sich im Rahmen des Vertrauensschutzes des Arbeitnehmers ergeben, dass der Arbeitgeber keine Angleichung der Entgeltgruppe vornehmen darf. Hat der Arbeitgeber beispielsweise bereits einmal die Entgeltgruppe korrigiert und stellt er später nochmals fest, dass eine falsche Entgeltgruppe festgelegt wurde, genießt der Arbeitnehmer Vertrauensschutz – eine weitere Abgruppierung muss er nicht hinnehmen.

3. Variante: nachträgliche falsche Eingruppierung; Vereinbarung einer bestimmten Tätigkeit im Arbeitsvertrag

Ist im Arbeitsvertrag eine bestimmte, entgeltbestimmende Tätigkeit vereinbart, die der Arbeitnehmer so zunächst ausübt und der Arbeitgeber vergütet und fallen einzelne Bestandteile dieser Tätigkeit später weg, so ist eine Anpassung der Eingruppierung und des Entgelts nicht möglich. Der Arbeitgeber schafft die Voraussetzungen für die Erfüllung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit durch die Arbeitnehmer. Stellt er diese nicht zur Verfügung, befindet er sich im Annahmeverzug, solange der Arbeitnehmer gewillt und in der Lage ist, die geschuldete Tätigkeit zu erbringen. Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet, das bisherige Entgelt zu zahlen.

4. Variante: nachträgliche falsche Eingruppierung; Öffnungsklausel im Arbeitsvertrag:

Damit ist gemeint, dass der Arbeitnehmer zunächst eine Tätigkeit ausübte und nach dieser bezahlt wurde; nachträglich ist die Möglichkeit der Tätigkeit bzw. einzelne entgeltbestimmende Bestandteile jedoch weggefallen. Grundsätzlich kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts ( § 6 GewO) Zeit (nicht Umfang), Art und Ort der Tätigkeit festlegen, sofern diese Umstände nicht arbeitsvertraglich (Variante 3) oder durch andere Regelungen (Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag) festgelegt wurden. Der Arbeitgeber kann daher die durch den Arbeitnehmer auszuübende Tätigkeit auch nachträglich verändern. Er ist hierbei grundsätzlich nur durch den einzuhaltenden Billigkeitsrahmen und durch beschreibende Vereinbarungen im Arbeitsvertrag beschränkt. Eine Abänderung der Tätigkeit kann sogar noch Jahre nach Aufnahme der ersten Tätigkeit erfolgen. Einschränkungen ergeben sich hierbei nur, wenn der Arbeitnehmer aus weiteren besonderen Umständen entnehmen durfte, dass der Arbeitgeber von seinem Weisungsrecht keinen Gebrauch machen werde (BAG 11.04.2006, 9 AZR 557/05). Der Billigkeit widerspricht es grundsätzlich, wenn eine geringwertige Tätigkeit zugewiesen wird, selbst wenn dieses keine Auswirkung auf die Entlohnung haben sollte.  Eine Ausnahme hiervon kann bei der Zahlung von Sonderleistungen bestehen, da diese in der Regel freiwillig geleistet werden.

Existiert aber eine weitgehende Öffnungsklausel im Arbeitsvertrag, die dem Arbeitgeber gestattet, dem Arbeitnehmer auch geringwertigere Tätigkeiten zuzuweisen, ist sein Weisungsrecht nicht an der Rechtsprechung zu §§ 106 GewO und 315 BGB zu messen, sondern weitergehend. Die wirksame Zuweisung einer geringer entlohnten Tätigkeit ist im Einzelfall zu prüfen: sie hängt dann davon ab, ob die arbeitsvertragliche Regelung wirksam ist und richtig angewandt wurde.