Arbeitsgericht Stuttgart – Kammern Ludwigsburg

Aktenzeichen: 12 Ca 1438/12

Verkündet am 05.02.2013

Urteil

In der Rechtssache

S. W. gegen Firma D. GmbH

hat das Arbeitsgericht Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – 12. Kammer – durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Kammerer, d. ehrenamtliche Richterin Helios und d. ehrenamtlichen Richter Werder auf die mündliche Verhandlung vom 05.02.2013

für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Der Wert des Streitgegenstands wird auf EUR 16.713,03 festgesetzt.

4. Eine Zulassung der Berufung von Seiten des erkennenden Arbeitsgerichts erfolgt nicht.

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit während der Elternzeit.

Die am […] 1971 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 01.09.1992 beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis ist maßgeblich der Arbeitsvertrag vom 31.03./05.05.2006. Bis zum Beginn ihrer Elternzeit am 11.05.2011 war die Klägerin als Marketingreferentin bei einer regelmäßigen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden bei einem Bruttomonatsentgelt i.H.v. EUR 5.507,00 beschäftigt. Bei der Beklagten handelt es sich um ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie. Die Beklagte, die ihren Sitz in Bietigheim hat, beschäftigt derzeit ca. 1.500 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat. Vor dem Beginn der Elternzeit war die Klägerin im Wesentlichen mit der Betreuung des auf Excel basierenden weltweiten Reporting­Tools MPCR sowie mit den Produktmanagement des Produkts Z. beschäftigt.

Die Klägerin beantragte nach der Geburt ihrer Tochter am 11.05.2011 zunächst ein Jahr lang Elternzeit bis zum 10.05.2012. Mit Schreiben vom 12.12.2011 beantragte die Klägerin die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit um zwei Jahre bis zum 10.05.2014 und kündigte zeitgleich an, in diesem Zeitraum in Teilzeit während der Elternzeit tätig werden zu wollen. Mit getrennten Schreiben vom 12.12.2011 beantragte die Klägerin in der Zeit von 10.05.2012 bis zum 10.10.2012 zunächst 7 bis 10 Stunden pro Woche tätig werden zu wollen und ab dem 11.10.2012 eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 18 Stunden vornehmen zu wollen. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 12.03.2012 zunächst ab.

Mit Anwaltsschreiben vom 26.03.2012 beantragte die Klägerin isoliert die Verlängerung ihrer Elternzeit bis 10.05.2014.

Dem stimmte die Beklagte mit Schreiben vom 16.04.2012 zu.

Mit Anwaltsschreiben vom 22.05.2012 erkundigte sich die Klägerin, ob eine Teilzeitbeschäftigung von 15 Stunden pro Woche in Betracht komme. Mit Schreiben vom 18.06.2012 beantragte sie dann die Einräumung einer Teilzeit während Elternzeit bei einer täglichen Arbeitszeit dienstags, mittwochs und donnerstags von jeweils 5 Stunden ab dem 01.11.2012. Die Beklagte bot zunächst die Einräumung einer Teilzeitbeschäftigung im Aufgabenbereich des CRM-Helpdesk im Bereich Sales gem. der Entgeltgruppe EG 10 an bei 20 Stunden pro Woche an den Arbeitstagen Montag, Mittwoch und Freitag. Den Teilzeitantrag der Klägerin lehnte sie dann mit Schreiben vom 13.07.2012 ab, nachdem der bisherige Aufgabenbereich der Klägerin in Wegfall geraten sei.

Die Klägerin trägt vor, dass der beantragten Arbeitszeitverringerung keine betrieblichen Gründe entgegenstehen würden.

Die Klägerin verweist darauf, dass nach Beginn ihrer Elternzeit in der Abteilung PRM 5 Mitarbeiterinnen hinzugekommen seien, so zuletzt eine Mitarbeiterin ab dem 01.06.2012, die einen unbefristeten Arbeitsvertrag erhalten habe. Diese werde mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Die Klägerin ist der Auffassung, dass die Beklagte nicht hinreichend dargelegt habe, dass für sie eine Teilzeitbeschäftigungsmöglichkeit im Rahmen eines Beschäftigungsbedarfs von 15 Wochenarbeitsstunden nicht bestehe. Bzgl. der Neueinstellung ab dem 01.06.2012 im Rahmen eines, unbefristeten Arbeitsverhältnisses habe die Beklagte das Risiko einer möglichen Doppelbesetzung in Kauf genommen. Sie ist der Auffassung, dass die Beklagte ihr die Tätigkeiten dieser Mitarbeiterin im Rahmen der begehrten Teilzeitbeschäftigung hätten zuweisen können.

Die Klägerin beantragt nach Teilklagerücknahme zuletzt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, ihre Zustimmung zu einer Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin auf 15 Stunden pro Woche bis zum 10.06.2013 zu erteilen.
  2. Für den Fall, dass dem Antrag zu Ziff. 1 stattgegeben wird, wird beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin Annahmeverzugslohn i.H.v. EUR 7.162,74 (brutto) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 2.387,58 seit dem 01.12.2012, aus EUR 4.775,16 seit dem 01.01.2013 und aus EUR 7.162,74 seit dem 01.02.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass die von der Klägerin vor dem Beginn der Elternzeit im Wesentlichen wahrgenommenen Aufgaben zu 50 % aus der Betreuung des Reporting-Tools MPCR sowie zu weiteren 50 % aus dem Produktmanagement des Produkts Z. bestanden hätten. Das Reporting-Tool MPCR sei ein auf Excel basierendes Reporting-Tool gewesen, was zum 15.02.2012 durch die Einführung des CRM-Tools (Customer Relation Management Tool) abgelöst worden sei.

Mit der Einführung dieses CRM-Tools sei eine Zusammenführung von Einzelreports durch die Klägerin nicht mehr erforderlich, da alle Gesellschaften des Konzerns weltweit unmittelbaren Zugriff auf dieses Tool hätten und seit dem 15.11.2012 in Deutschland und seit dem 15.02.2012 weltweit ihre Daten direkt in dieses Tool eingeben und somit die Reports direkt aus dem Tool erstellen könnten. Die bislang von der Klägerin individuell durchgeführte Zusammenführung der Einzelreports der Gesellschaften und Einarbeitung der Einzelreports in das bisher verwandte Reporting-Tool MPCR sei durch den damit verbundenen automatisierten Ablauf des CRM-Tools zum 15.02.2012 entfallen. Bei dem Produkt Z. handele es sich um ein Abscheidesystem, dass zur Entfernung von Feststoffpartikeln in den Entfettungs- und Spülzonen der Vorbehandlungsbäder der Automobilindustrie eingesetzt werde. Das Produkt sei Mitte 2011 in das Standardgeschäft der Beklagten implementiert worden, was zur Folge habe, dass das Produktmanagement für dieses Produkt entfallen sei, da keine neuen Märkte oder Geschäftsfelder für dieses Produkt zu erschließen seien. Verbleibende Anfragen oder Angebote zu diesem Produkt würden daher direkt durch die Abteilung Kundendienst abgewickelt werden. Die personelle Besetzung der Abteilung PRM zum Zeitpunkt des Seitens der Klägerin geltend gemachten Teilzeitanspruchs (01.11.2012) sowie die Verteilung der Aufgaben auf die einzelnen Beschäftigten wird im Einzelnen dargelegt. Zum 01.06.2012 habe es eine Neueinstellung gegeben. Keiner dieser Mitarbeiter hätte sich an die Beklagte mit dem Wunsch auf Reduzierung ihrer vertraglich geschuldeten Arbeitszeit von 35 Stunden/Woche an die Beklagte gewandt. Auch im Falle einer nur befristeten Anstellung der neu zum 01.06.2012 eingestellten Kollegin hätte dem Teilzeitbegehren der Klägerin nicht entsprochen werden können, da die neu eingestellte Mitarbeiterin eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen habe. Die der Neueinstellung im Rahmen einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden/Woche übertragenen Aufgaben werden im Einzelnen dargestellt (Bl. 81/82 d.A.):

Batteriemontage:

–       Marktanalyse: Marktabgrenzung, Marktvolumen, Marktanteile, Marktentwicklung

–       Wettbewerbsbeobachtung und Anaiyse: Marktanteile, Projekte, Proiektvolumen, Portfolio, Strategie […]

–       Ermittlung Kundennutzen (USP’s) und Produktanforderungen

–       Prozessanalyse: Angebots- und Abwicklungsprozess von bereits bestehenden Angeboten / Auftrag

–       Kontaktaufnahme mögliche Kunden […]

–       Definition Vorgehensweise […]

–       Kontakt / Schnittstelle zum Vertrieb […]

–       Marketing-Maßnahmen: z.B. Pressemitteilung […]

–       Kontakt zu Instituten wie […]

Better Place:

–       Kontaktpflege Kunden […]

–       Vorbereitung Vertriebsdokumente / Verträge (Agreement, Preisübersicht etc.)

–       Vertragsprüfung (bisher: Auswirkung bei keiner weiteren Lieferung, Herausgeben von Konstruktionszeichnungen)

–       Unterstützung Projektmanagement (Bug Listen, CCR Überblick, Preise, Angebote)

–       Schnittstellenfunktion / Koordination: PM, Vertrieb

–       Kontakt / Koordination zu Instituten wie VDE – Norminierungsantrag Better Place

–       Schulung (heute: Vorstellung Batteriemontage bei internationalem PM Training).

Für den Vortrag der Parteien im Einzelnen wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll des Gütetermins vom 20.09.2012 sowie des Kammertermins vom 05.02.2013 hingewiesen. Dort hat die Klägerin den Vortrag unstreitig gestellt, dass der bisher zum Beginn ihrer Elternzeit wahrgenommene Arbeitsplatz in Wegfall geraten sei.

Entscheidungsgründe:

A.

Die nur teilweise zulässige Klage ist im Übrigen als unbegründet abzuweisen.

 

I.

Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist nur noch teilweise zulässig und im Übrigen als unbegründet abzuweisen.

1.   Der Antrag auf Zustimmung zu einer Verringerung der Wochenarbeitszeit der Klägerin auf 15 Stunden ist hinreichend bestimmt i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Beklagte soll hierdurch verurteilt werden, dem Antrag der Klägerin auf Verringerung ihrer vertraglich festgelegten Wochenarbeitszeit auf 15 Stunden/Woche zuzustimmen. Die Reduzierung soll bis zum 10.06.2013 (zuletzt der klägerische Antrag) befristet sein. Die Arbeitszeit soll auf jeweils 5 Stunden Dienst verteilt werden. Die Verteilung der Stunden im Einzelnen überlasst der Klägerin der Weisung der Beklagten. Die Klägerin musste die Neuverteilung der Arbeitszeit nicht im Einzelnen festlegen. Sie durfte die Verteilung der Wochenstunden der Ausübung des Weisungsrechts der Beklagten nach billigem Ermessen überlassen. Die gewünschte Verteilung der verringerten Arbeitszeit soll gem. § 15 Abs. 7 Satz 3 BEEG im Antrag angegeben werden. Dies ist erfolgt. In ihrem Antrag vom 18.06.2012 begehrte die Klägerin eine Verteilung der Wochenarbeitszeit auf dienstags, mittwochs und donnerstags auf jeweils 5 Stunden.

2. Für diesen Leistungsantrag auf Erteilung einer Zustimmung besteht jedoch für die Vergangenheit nicht mehr das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis. Der erhobene Anspruch ist zwar für den mittlerweile beendeten Zeitraum bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht erfüllt. Die verlangte Elternzeit kann wegen möglicher Ansprüche auf Annahmeverzugsansprüche noch finanzielle Auswirkungen haben (vgl. BAG vom 15.04.2008 – 9 AZR 380/07). Hinsichtlich dieser finanziellen Ansprüche hat jedoch die Klägerin eigenständige Zahlungsanträge gestellt.

II.

Soweit die Klägerin noch die Zustimmung der Beklagten zur Verringerung ihrer Wochenarbeitszeit bis zum 10.06.2013 begehrt, ist die Klage als unbegründet abzuweisen, da ihr ein entsprechender Teilzeitanspruch nach Maßgabe von § 15 Abs. 6, 7 BEEG nicht zusteht.

1.  Nach § 15 Abs. 6 BEEG kann der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 7 BEEG während der Gesamtdauer der Elternzeit zweimal eine Verringerung seiner oder ihrer Arbeitszeit beanspruchen. Der Anspruch i.S.v. § 194 Abs. 1 BGB richtet sich auf Zustimmung des Arbeitgebers zu der vom Arbeitnehmer nach § 15 Abs. 7 Satz 2 BEEG beantragten Vertragsänderung. Der Arbeitgeber hat dem Antrag des Arbeitnehmers zuzustimmen, soweit dem Anspruch keine dringenden betrieblichen Gründe i.S.v. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG entgegenstehen. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer eine Ablehnung innerhalb der 4-Wochen-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 4 BEEG mit schriftlicher Begründung mitteilen.

2. Die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 bis 3 und 5 BEEG sind erfüllt. Die Beklagte beschäftigt i.d.R. mehr als 15 Arbeitnehmer. Das Arbeitsverhältnis besteht seit dem 01.09.1992 und d.h. ohne Unterbrechung länger als 6 Monate. Die regelmäßige Wochenarbeitszeit sollte zunächst für einen Zeitraum von 24 Monaten, zuletzt für weniger als 7 Monate auf einen Umfang von 15 Wochenstunden verringert werden. Der schriftliche Elternteilzeitantrag vom 18.06.2012 ging der Beklagten zeitnah zu, so dass die Beklagte mehr als 7 Wochen vor Beginn der Tätigkeit über den Beginn der gewünschten Teilzeitbeschäftigung ab dem 01.11.2012 informiert wurde.

3. Jedoch stehen dem Anspruch der Klägerin auf Elternteilzeit im begehrten Umfang dringende betriebliche Gründe i.S.v. § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG entgegen.

Die entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe sind in den Katalog der Anspruchsvoraussetzungen des § 15 Abs. 7 Satz 1 BEEG aufgenommen. Danach hat der Arbeitgeber die Tatsachen, aus denen sich die negative Anspruchsvoraussetzung der entgegenstehenden dringenden betrieblichen Gründe ergeben soll, darzulegen und zu beweisen. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast im Ansatz schon dann, wenn er behauptet, solche Gründe bestünden nicht.

4. Inhalt und Umfang der vom Arbeitgeber darzulegenden Tatsachen, aus denen sich die dringenden betrieblichen Ablehnungsgründe ergeben sollen, richten sich nach den Lebenssachverhalt, auf den er die Zustimmungsverweigerung stützt.

a)   Geht es um die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes oder die Unvereinbarkeit der gewünschten Teilzeitarbeit mit den betrieblichen Arbeitszeitmodellen, ist das Prüfungsschema anzuwenden, dass der Senat für die betrieblichen Ablehnungsgründe i.S.v. § 8 TzBfG entwickelt hat. Dies ergibt sich aus der vergleichbaren Interessenlage (BAG vom 05.06.2007 – 9 AZR 82/07).

b) Das betriebliche Organisationskonzept und daraus abgeleitete Arbeitszeitregelungen sind dagegen regelmäßig bedeutungslos, wenn sich der Arbeitgeber darauf beruft, er habe für den Arbeitnehmer keine Beschäftigungsmöglichkeit. Der Verringerungswunsch muss dann nicht mit den betrieblichen Abläufen in Einklang gebracht werden. Gegenüberzustellen sind die vorübergehende Beschäftigung des Arbeitnehmers in Elternzeit mit verringerter Arbeitszeit und das vollständige Ruhen der Arbeitspflicht bis zum Ende der Elternzeit. Die Elternteilzeit lässt die Beschäftigungspflicht des Arbeitgebers während der Elternzeit mit der verringerten Arbeitszeit wieder aufleben. Nur dieser Beschäftigungspflicht können dringende betriebliche Gründe entgegenstehen (BAG vom 15.04.2008 – 9 AZR 380/07). Trifft die Behauptung des Arbeitgebers zu, es bestehe kein Beschäftigungsbedarf, kann der Verringerungsanspruch des Arbeitnehmers berechtigt abgelehnt werden (BAG vom 05.06.2007 – 9 AZR 82/07). Soweit sich der Arbeitgeber hingegen auf die Unteilbarkeit des Arbeitsplatzes beruft, ist dessen Vorbringen mit Hilfe des für § 8 TzBfG entwickelten dreistufigen Prüfungsschema zu überprüfen.

aa) Zunächst ist festzustellen, ob der vom Arbeitgeber als erforderlich angesehene Arbeitszeitregelung überhaupt ein bestimmtes betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt (1. Stufe). In der Folge ist zu untersuchen, inwieweit die Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitveriangen tatsächlich entgegensteht (2. Stufe). Schließlich ist in einer 3. Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen Gründe zu prüfen. Dabei ist zu klären, ob das betriebliche Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden. Diese Prüfungsmaßstab gilt nicht nur für die Verringerung der Arbeitszeit, sondern auch im Hinblick auf Neuverteilung. Ob (dringende) betriebliche Gründe vorliegen, beurteilt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber den Arbeitszeitwunsch ablehnt (vgl. BAG vom 24.06.2008 – 9 AZR 313/07).

bb) Das betriebliche Organisationskonzept  und daraus abgeleitete Arbeitszeitregelungen sind dagegen regelmäßig ohne Bedeutung, wenn der Arbeitgeber geltend macht, er habe für den Arbeitnehmer „keine Beschäftigungsmöglichkeit“. Es geht dann nicht um Harmonisierung des Verringerungswunsches und der betrieblichen Abläufe. Dies folgert das BAG daraus, dass ein Arbeitnehmer während der Elternzeit keinen Anspruch darauf hat, bei Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten besser behandelt zu werden als ein nicht in Elternzeit befindlicher Arbeitnehmer. Der in Elternzeit befindliche Arbeitnehmer genießt lediglich den Sonderkündigungsschutz für das bereits bestehende Arbeitsverhältnis und die arbeitsvertraglich festgelegte Arbeitszeit (§ 18 BEEG). Dem Arbeitgeber wird jedoch gesetzlich nicht zugemutet, den Arbeitnehmer trotz fehlenden Beschäftigungsbedarf (allein) wegen der Elternzeit als Teilzeitkraft zu beschäftigen (BAG vom 05.06.2007 – 9 AZR 82/07). Die bloße Behauptung, es bestehe jedoch keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr, genügt jedoch regelmäßig nicht, um schlüssig zu begründen, weshalb die Zustimmung zur Verringerung der Arbeitszeit verweigert wird. Der Arbeitgeber hat die zugrunde liegenden Tatsachen zu bezeichnen (BAG vom 15.12.2009 – 9 AZR 72/09 sowie vom 05.06.2007 – 9 AZR 82/07). Die Darlegungen unterscheiden sich insoweit nicht von dem nach § 1 Abs. 2 KSchG gebotenen Vortrag zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung. Die im Kündigungsrecht maßgeblichen dringenden betrieblichen Gründe müssen einer dauerhaften Weiterbeschäftigung des Arbeitgebers entgegenstehen. Im Recht der Elternteilzeit müssen sie einer befristeten Beschäftigung mit der gewünschten verringerten Arbeitszeit entgegenstehen. Abzustellen ist jedoch nur auf die Tätigkeit, die der Arbeitnehmer vor Beginn der Elternzeit auf seinem Arbeitsplatz ausgeübt hat. In die erforderliche Darlegung sind jedoch alle Aufgaben einzubeziehen, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) übertragen kann. Regelmäßig wird das erfordern, dass der Arbeitgeber sein insoweit bestehenden  Gesamtbedarf an Arbeitszeitkapazität vorträgt  und  dem die tatsächliche Besetzungssituation gegenüber stellt, insbesondere bei größeren Betrieben kann hierauf wegen der dynamischen Entwicklung im Personalbereich durch Fluktuation oder Inanspruchnahme- von Elternzeit nicht verzichtet werden. Eine zwischenzeitliche Besetzung des Arbeitsplatzes mit einer Ersatzkraft kann jedoch dem Verringerungsbegehren entgegenstehen, wenn für die Dauer der Elternzeit eine Vollzeitvertretung eingestellt wurde und weder die Ersatzkraft noch ein vergleichbarer Arbeitnehmer sich bereit erklärt haben, ihre Arbeitszeit zugunsten der elternteilzeitbegehrenden Arbeitskraft zu verringern (BAG vom 19.04.2005 – 9 AZR 233/04). Stellt jedoch der Arbeitgeber eine Vertretungskraft ein, wird er die Möglichkeit eines Eltemteiizeitbegehrens in Betracht ziehen müssen. Sein Dispositionsinteresse wird durch § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz geschützt.

Hiernach ist es ihm gestattet Arbeitnehmer für Zeiten der Beschäftigungsverbote vor und nach der Entbindung, der Elternzeit oder andere Ausfallzeiten wegen Kindesbetreuung einschl. der Zeiten einer erforderlichen Einarbeitung befristet einzustellen. Auch ist die zulässige mehrfache Befristung möglich, so z.B. um zunächst Mutterschutzfristen zu überbrücken und anschließend entsprechend der mitgeteilten   Elternzeit   mit   der  Vertretungskraft   ein   neuerlich befristetes Arbeitsverhältnis einzugehen. Derartige Befristungen sind „mit Sachgrund“ auch nach allgemeinen Recht zulässig (§ 14 TzBfG). Daraus werden auch Wirkungen auf den Umfang der vom Arbeitgeber darzulegenden Tatsachen, auf die er seine Ablehnung stützen kann, gefolgert (BAG vom 05.06.2007 – 9 AZR 82/07). Die unbefristete Neueinstellung statt einer rechtlich möglichen Befristung ist dann ein Anhaltspunkt dafür, dass der Arbeitgeber zumindest das Risiko einer möglichen Doppelbesetzung in Kauf nimmt, weil er davon ausgeht, dass sich bei Verwirklichung des Risikos schon „irgendwie“ eine Lösung finden werde, ohne Annahmeverzugslohn (§§ 611, 615 BGB) zahlen zu müssen, jedoch beide Arbeitnehmer beschäftigen zu können. So kann auch in Betracht kommen, dass die unbefristete „Nachbesetzung“ im  Rahmen einer  künftigen Ausweitung der Geschäftstätigkeit wegen des damit steigenden Arbeitskräftebedarfs erfolgt. Auch ist denkbar, dass die unbefristete Besetzung eines Arbeitsplatzes im Rahmen einer künftigen Ausweitung der Geschäftstätigkeit wegen des damit steigenden Arbeitskräftebedarfs erfolgt. So sind auch die weiteren Beschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen, die sich aus dem betrieblichen Bedarf und der Veränderungsbreite der beruflichen Fähigkeiten der Arbeitnehmerin ergeben, die Elternzeit verlangt. Dem Arbeitgeber sollen keine Maßnahmen auferlegt werden, die mehr von ihm fordern, als den durch das Teilzeitbegehren bedingten Arbeitszeitausfall auszugleichen. Somit kann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber nicht verlangen, dass neben der Einstellung eine Ersatzkraft für seinen Arbeitsausfall auch noch andere Arbeitnehmer mit personellen Maßnahmen belastet werden (vgl. BAG vom 05.06.2007 – 9 AZR 82/07 sowie BAG vom 15.12.2009 – 9 AZR 72/09).

cc) Ein Anspruch der Klägerin auf Einräumung des begehrten Teilzeitarbeitsverhältnisses während Elternzeit ist wegen entgegenstehender dringender betrieblicher Gründe als unbegründet abzuweisen. Nach ihren Einlassungen im Kammertermin steht fest, dass der ursprünglich von ihr wahrgenommene Arbeitsplatz nicht mehr besteht. Aus Anlass der zum 01.05.2012 vollzogenen unbefristeten Neueinstellung einer Referentin zur Betreuung der E-Mobility (Batteriemontage, Better Place) folgt nichts anderes.

Durch die Neueinstellung der fraglichen Kollegin wurde der Personalbestand innerhalb der Abteilung PRM ausgeweitet. Bei der neu eingestellten Kraft handelt es sich um keine Ersatzkraft. Dies wird aus dem unterschiedlichen Aufgabenbereich deutlich, den die Kollegin im Vergleich zu dem von der Klägerin bis zum Eintritt in die Elternzeit wahrgenommenen Aufgabenbereich ausübt. Die Beklagte war auch insoweit frei, den Arbeitsplatz mit einer Vollzeitkraft durch eine unbefristete Einstellung zu besetzen. Durch eine lediglich befristete Einstellung hätte der Aufgabenbereich nur vorübergehend besetzt werden können, was personelle Umplanungen ermöglicht hätte. Dies setzt jedoch voraus, dass die Beklagte der Klägerin im Rahmen der Zuweisung eines Teilzeitbeschäftigungsverhäitnisses während Elternzeit eine veränderte Aufgabenzuweisung schuldete. Nachdem der Arbeitgeber jedoch nur solche organisatorischen  Maßnahmen schuldet, die notwendig sind um den durch das Teilzeitbegehren bedingten Arbeitszeitausfall auszugleichen, war die Beklagte in ihrer Entscheidung frei, den neu geschaffenen Aufgabenbereich der E-Mobility im Rahmen eines Vollzeitarbeitsverhältnisses zu besetzen. Die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes, der zugunsten der Klägerin geteilt wird, schuldet der Arbeitgeber zur Erfüllung ihres Teilzeitbegehrens nicht. Nach den gesetzlichen Wertungen, sind ihm nur solche Maßnahmen abzuverlangen, soweit sie notwendig sind um den gesetzlichen Anspruch auf ein Teilzeitarbeitsverhältnis während Elternzeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz der Klägerin zu erfüllen. Eine Versetzung auf einen neu geschaffenen Teilzeitarbeitsplatz schuldet die Beklagte nicht. Die Klage ist daher insoweit abzuweisen.

II. Zum Annahmeverzugslohn:

Die Klage ist insoweit gleichfalls als unbegründet abzuweisen.

Nachdem der Klägerin der begehrte Anspruch auf Einrichtung eines Teilzeitarbeitsverhältnisses während Elternzeit nicht zusteht, steht ihr auch entsprechend kein Annahmeverzugslohn, seit dem 01.11.2012 zu.

 

B.

Die Klägerin hat aufgrund ihres Unterliegens die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 91 495 ZPO i.V.m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG).

Der im Urteil festgesetzt Wert des Streitgegenstands ist im Ansatz nach § 42 Abs. 2 Satz 1 ArbGG mit dem dreifachen Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen zu bemessen, die aus Anlass der Teilzeitbegehrens streitig werden. Zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen ist jedoch die in § 42 Abs. 3 GKG geregelte Streitwertobergrenze für Bestandsschutzstreitigkeiten heranzuziehen. Im Ergebnis ist daher ein Wert i.H.v. drei Monatsverdiensten der Vollzeittätigkeit angesetzt (vgl. LAG Hamburg vom 16.03.2011 – 7 Ta 4/11). Dies entspricht nach Auffassung des Ausgangsgerichts auch dem nach § 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO vorzunehmenden zu schätzenden Wert des Streitgegenstands, welcher nach freiem Ermessen zu bemessen ist (LAG Baden-Württemberg vom 21.05.2010 – 5 Ta 83/10).

In jedes Urteil des Arbeitsgerichts ist eine Entscheidung darüber aufzunehmen, ob eine von der Erreichung des Beschwerdegegenstands i.H.v. EUR 600,00 unabhängige Berufung zugelassen wird oder nicht (§ 64 Abs. 3, Abs. 3 a ArbGG). Da im vorliegende Fall keiner der im Gesetz genannten Berufungszulassungsgründe berührt ist, erfolgt eine solch gestaltende Berufungszulassung von Seiten des erkennenden Arbeitsgerichts nicht. Die Statthaftigkeit der Berufung bestimmt sich daher nach den allgemeinen Bestimmungen. Auf unten stehende Rechtsmittelbelehrung wird verwiesen.