Gemäß § 7 Abs. 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Frist bis zum 31.03. des Folgejahres   verlängert werden. Urlaub, der bis dahin vom Arbeitnehmer nicht genommen wurde, entfällt und kann  auch nicht mehr in Geld abgegolten werden.

LAG Düsseldorf: Keine zwingende Befristung des Urlaubsanspruchs

Diese Regelung widerspreche europarechtlichen Bestimmungen und sei daher nicht anzuwenden, so das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 31.03.2010 (12 Sa 1512/09). Vielmehr bestehe der Urlaubsanspruch über das Ende des Kalenderjahres bzw. dem Übertragungszeitraum hinaus fort – und zwar unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer den Urlaub aufgrund von Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewährt werden, sei der Urlaub in Geld abzugelten, so die Düsseldorfer Arbeitsrichter.

Begründet wird die Entscheidung mit der Richtlinie 2003/88/EG und den darauf basierenden Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10.09.2009 (C-277/08, Vicente Pereda) und vom 20.01.2009 (C-350/06, Schultz-Hoff). Nach diesen Urteilen entfällt der Urlaubsanspruch entgegen § 7 Abs. 3 BUrlG am Ende des Kalenderjahres bzw. am Ende des darauf folgenden Quartals nicht, sofern der Arbeitnehmer den Urlaub aufgrund von Arbeitsunfähigkeit nicht nehmen konnte. Das LAG Düsseldorf vertritt in seiner Entscheidung vom 31.03.2010 die Auffassung, der Urlaubsanspruch bestehe auch dann weiter fort, wenn der Arbeitnehmer nicht arbeitunfähig war.

129.686 Euro für 127 nicht genommene Urlaubstage

In dem der Entscheidung des LAG Düsseldorf zugrunde liegenden Sachverhalt hatte der Kläger im Zeitraum September 2002 bis August 2008 keinen Erholungsurlaub in Anspruch genommen. Als Abgeltung für diese insgesamt 127 nicht genommenen Urlaubstage verlangte er von seinem ehemaligen Arbeitgeber einen Betrag in Höhe von 129.686 Euro brutto. Im Arbeitsvertrag der Parteien war vereinbart, dass der Urlaubsanspruch des Klägers so festzulegen ist, dass die Belange der Gesellschaft nicht beeinträchtigt werden. Zudem war arbeitsvertraglich bestimmt, dass nicht genommener Urlaub auf Folgejahre übertragen werden kann.

Das LAG Düsseldorf begründetet seine Entscheidung damit, dass der Anspruch jedes Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts der Europäischen Union sei. Nach dem sog. Grundsatz der Effektivität dürfe dem Arbeitnehmer die Ausübung dieses Anspruchs nicht faktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden.

Der im Rechtsstreit unterlegene Arbeitgeber hat zwischenzeitlich Revision beim Bundesarbeitsgericht (Az. 9 AZR 30/10) eingelegt. Sollten die Erfurter Richter die Europarechtswidrigkeit der Urlaubsanspruchsbefristung bestätigen, würden auf die Deutschen Arbeitgeber erhebliche Kosten zukommen.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

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