Erhält ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Kündigung, gehen dem Betroffenen meistens zahlreiche Gedanken durch den Kopf. Kann ich in Zukunft die Miete noch zahlen? Finde ich einen neuen Job? Kann mir ein Rechtsanwalt helfen, meinen Arbeitplatz zu erhalten oder zumindest eine ordentliche Abfindung aushandeln?

Die folgenden Ausführungen sollen einerseits helfen, einen Überblick zur arbeitgeberseitigen Kündigung zu erhalten; andererseits sollen sie vermeiden, dass folgenschwere Fehler begangen werden.

Wirksamkeit der Kündigung

Grundsätzlich ist es dem Arbeitgeber erlaubt, unter Beachtung der vertraglichen und gesetzlichen Kündigungsfristen Arbeits- verträge zu kündigen. Findet allerdings das Kündigungsschutz- gesetz (KSchG) Anwendung, ist die Kündigung rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 KSchG). Bei der Beurteilung der sozialen Rechtfertigung ist bei jeder Kündigung eine Einzelfallbetrachtung und Interessenabwägung vorzunehmen, wobei Alter, Unterhaltspflichten und die Dauer der Betriebszugehörigkeit eine wichtige Rolle spielen. Wegen fehlender sozialer Rechtsfertigung unwirksam ist z.B. eine krankheitsbedingte Kündigung bei der nicht feststeht, dass auch zukünftig mit erheblichen Fehlzeiten zu rechnen ist oder eine betriebsbedingte Kündigung, bei der die Sozialauswahl fehlerhaft erfolgt ist.

Wer fällt unter das Kündigungsschutzgesetz?

Das Kündigungsschutzgesetz ist grundsätzlich nur dann anzuwenden, wenn der Betrieb, in dem der betroffene Arbeitnehmer tätig ist, eine bestimmte Zahl an Arbeitnehmern beschäftigt. Hierbei ist zu differenzieren: Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.01.2004 begonnen hat, fallen unter das Kündigungsschutzgesetz, sofern bei Zugang der Kündigung in dem Betrieb regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer (einschließlich des Betroffenen) tätig sind, die bereits im Jahr 2003 in dem Betrieb beschäftigt waren. Auszubildende zählen nicht mit. Teilzeitbeschäftigte werden anteilig berücksichtigt (bei bis zu 20 Stunden / Woche mit 0,5 und bei bis zu 30 Stunden / Woche mit 0,75). Sind die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt oder ist der gekündigte Arbeitnehmer erst nach dem 31.12.2003 eingetreten, ist es für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes erforderlich, dass einschließlich des Betroffenen mehr als zehn Arbeitnehmer bei Zugang der Kündigung regelmäßig beschäftigt sind.

Darüber hinaus ist eine Prüfung der sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 1 KSchG nur durchzuführen, wenn der betroffene Arbeitnehmer länger als sechs Monate beschäftigt war (sog. Wartezeit).

Weitere mögliche Gründe für die Unwirksamkeit einer Kündigung

Neben der Unwirksamkeit der Kündigung wegen mangelnder sozialer Rechtfertigung gibt es noch zahlreiche weitere Gründe, weshalb eine Kündigung unwirksam sein kann. So z.B., wenn die Kündigung dem Arbeitnehmer nicht rechtzeitig zugegangen ist, ein etwaig vorhandener Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört wurde oder ein zur Kündigung bevollmächtigter Vertreter des Arbeitgebers nicht die schriftliche Vollmacht im Original vorlegt und der Arbeitnehmer aus diesem Grund die Kündigung unverzüglich zurückweist. Darüber hinaus kann eine Kündigung auch unwirksam sein, weil einem gesetzlich gegen Kündigung besonders geschützten Arbeitnehmer gekündigt wurde, ohne dass die dafür bestehenden besonderen Voraussetzungen vorlagen (z.B. Schwangere, Schwerbehinderte, Betriebsratsmitglieder).

Wichtig: Einhaltung der 3-wöchigen Klagefrist

Die wichtigste Vorschrift im Kündigungsschutzgesetz ist dessen § 4. Hiernach muss der Arbeitnehmer, der die Unwirksamkeit der Kündigung geltend machen will, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage einreichen. Andernfalls gilt gemäß § 7 KSchG die Kündigung als von Anfang an rechtswirksam.

Wo muss die Kündigungsschutzklage eingereicht werden?

Die Klage ist vor dem zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. Der allgemeine Gerichtsstand richtet sich nach dem Sitz des Arbeitgebers – bei natürlichen Personen nach dessen Wohnsitz, bei juristischen Personen nach dem Sitz der Gesellschaft. Darüber hinaus sind besondere Gerichtsstände zu beachten.

Seit dem 01.04.2008 gibt es den neuen besonderen Gerichtsstand des Arbeitsortes. Hiernach kann der Arbeitnehmer auch vor dem Arbeitsgericht klagen, in dessen Bezirk er gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Hat der Arbeitgeber z.B. seinen Sitz in Hamburg, der Arbeitnehmer wurde jedoch in der Zweigstelle in Lüneburg eingesetzt, kann sich der Arbeitnehmer aussuchen, ob er vor dem Arbeitsgericht Hamburg oder dem Arbeitsgericht Lüneburg klagen möchte.

Sonderfall außerordentliche Kündigung

Eine außerordentliche Kündigung ist gemäß § 626 BGB wirksam, wenn dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigung nicht mehr zugemutet werden kann. Wie bei der ordentlichen Kündigung kann die Rechtswirksamkeit gerichtlich nur überprüft werden, wenn die 3-wöchige Klagefrist gewahrt wurde. Neben der Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist häufig zu prüfen, ob die Kündigung innerhalb von 2 Wochen seit Kenntnis des Kündigungssachverhalts erfolgt ist. Falls nicht, ist die Kündigung nämlich gemäß § 626 Abs. 2 BGB unwirksam.

Muss der Arbeitnehmer zwingend bei dem Unternehmen weiterarbeiten oder kann er auch eine Abfindung verlangen?

Grundsätzlich lautet die Klage des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. Das heißt, dass der Arbeitnehmer im Erfolgsfall an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Gemäß § 9 KSchG kann das Arbeitsgericht den Arbeitgeber jedoch nach entspre- chendem Antrag zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen, wenn dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten ist. Darüber hinaus wird von den Parteien häufig auch von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, vor dem Arbeitsgericht einen Vergleich zu schließen. In der Regel wird in diesem Vergleich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Termin und die Zahlung einer Abfindung an den Arbeitnehmer festgelegt. Oft wird in diesem Vergleich auch geregelt, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer ein „wohlwollendes“ Zeugnis ausstellt.

Empfehlung zur Vorgehensweise bei Erhalt einer Kündigung

Stecken Sie nicht den Kopf in den Sand. Selbst wenn Sie mit Ihrem Arbeitgeber nichts mehr zu tun haben wollen, sollten Sie unbedingt prüfen lassen, ob die Kündigung aufgrund formeller oder materieller Mängel unwirksam ist. Hierbei unterstützen wir Sie gerne. Keinesfalls sollten Sie die Kündigung „erst mal liegen lassen“. Ist nämlich die 3-wöchige Klagefrist verstrichen, haben Sie keine Möglichkeit mehr, an Ihren Arbeitsplatz zurückzukehren oder zumindest eine Abfindung zu erhalten.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

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