In § 16 Abs. 1 BetrAVG ist bestimmt, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, alle drei Jahre eine Anpassung laufender Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen und hierüber nach billigem Ermessen zu entscheiden. Dabei sind insbesondere die Belange des Versorgungsempfängers und die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers zu berücksichtigen.

Laufende Leistungen der betrieblichen Altersversorgung

Voraussetzung für die Anpassungsprüfungspflicht ist zunächst, dass Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewährt werden. Der Begriff „betriebliche Altersversorgung“ ist in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG definiert. Um betriebliche Altersversorgung handelt es sich danach, wenn einem Arbeitnehmer Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt wurden. Darüber hinaus ist für die Anpassungsprüfungspflicht erforderlich, dass es sich um laufende Leistungen handelt. § 16 BetrAVG findet also keine Anwendung auf einmalige Kapitalleistungen und Kapitalratenzahlungen. Auch monatliche Raten im Rahmen eines Auszahlungsplans sowie Renten ab Vollendung des 85. Lebensjahres im Anschluss an einen Auszahlungsplan unterliegen nicht der Anpassungsprüfungspflicht. Schließlich ist hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 16 BetrAVG der Tarifvorrang nach § 19 Abs. 1 und 2 BetrAVG zu beachten. In einem Tarifvertrag kann also auch zu Ungunsten des Betriebsrentners von der Anpassungsprüfungspflicht abgewichen werden.

Anpassungsentscheidung nach billigem Ermessen

Der Arbeitgeber hat bei Anpassungsprüfung und Anpassungsentscheidung seine wirtschaftliche Lage  und die Belange des Versorgungsempfängers abzuwägen. Hierbei steht ihm nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum zu (BAG 29.11.1988 – 3 AZR 184/87).

Belange des Versorgungsempfängers

Gemäß § 16 Abs. 2 BetrAVG sind die Belange des Versorgungsempfängers dann erfüllt, wenn entweder der in den letzten Jahren eingetretene Kaufkraftverlust ausgeglichen oder die Versorgungsleistung entsprechend der Nettolohnentwicklung vergleichbarer Arbeitnehmer des Unternehmens angepasst wird. Rentenerhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung sind für die Belange der Versorgungsempfänger nach Ansicht des BAG nicht zu berücksichtigen (BAG 15.9.1977 – 3 AZR 654/76). Maßgeblich für das Ausmaß des Kaufkraftverlusts ist der Verbraucherpreisindex für Deutschland. Bei der Begrenzung des Anpassungsbedarfs durch die so genannten reallohnbezogenen Obergrenze ist nicht auf den Anstieg der Nettolöhne innerhalb des Prüfungszeitraums abzustellen, sondern auf die Zeit vom Rentenbeginn bis zum jeweils aktuellen Anpassungsstichtag (BAG, Urteil vom 19.06.2012 – 3 AZR 464/11).

Wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers

Eine Anpassung der Betriebsrenten muss vom Arbeitgeber nicht vorgenommen werden, wenn seine wirtschaftliche Lage dem entgegensteht. Hierbei ist insbesondere das Interesse des Unternehmens an seiner Substanzerhaltung zu berücksichtigen. Die aktiven Mitarbeiter brauchen für eine Rentenanpassung keine Nachteile in Kauf nehmen, wie etwa Entgeltverzicht, geringere Entgelterhöhungen oder die Gefährdung ihres Arbeitsplatzes. Maßgebliches Kriterium für die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ist gemäß Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die  Eigenkapitalverzinsung. Darüber hinaus kann auch die Eigenkapitalquote des Arbeitgebers zu berücksichtigen sein.

Ausnahmen von der Anpassungsprüfungspflicht

Gemäß § 16 Abs. 3 BetrAVG besteht eine Anpassungsprüfungspflicht in den folgenden Fällen nicht:

Nachholende Anpassung

Der Arbeitgeber im Falle einer unterlassenen Anpassung beim nachfolgenden Prüftermin bei den Belangen des Versorgungsempfängers grundsätzlich den Kaufkraftausgleich oder die Nettolohnsteigerung ab Rentenbeginn bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen – allerdings nur soweit die Anpassung zu Unrecht unterblieben ist. Zu Unrecht unterbliebene Anpassungen sind also grundsätzlich „nachzuholen“.

Keine nachholenden Anpassung gemäß § 16 Abs. 4 BetrAVG

Im Zuge des Rentenreformgesetzes 1999 zum 01.01.1999 führt der Gesetzgeber den Absatz 4 in § 16 BetrAVG ein. Nach dieser Vorschrift besteht keine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Nachholung unterbliebener Anpassungen, wenn das Unterbleiben der Anpassung zu Recht erfolgte. Gemäß § 30c Abs. 2 BetrAVG gilt diese Bestimmung jedoch erst für Anpassungsstichtage ab dem 01.01.1999. Der vor 1999 entstandene „Anpassungsstau“ ist dagegen bei hinreichender wirtschaftlicher Lage des Unternehmens zu berücksichtigen (Für Anpassungszeiträume bis zum 01.01.1975 ist jedoch nur der halbe Teuerungsausgleich zu gewähren).

Die Anpassung ist „zu Recht“ unterblieben, wenn die Anpassung nach pflichtgemäßer Ausübung des billigen Ermessens nach Abs. 1 nicht vorzunehmen war (Abs. 4 Satz 1) oder der Arbeitgeber den Versorgungsempfänger über die seiner Entscheidung zugrunde gelegten Fakten ausreichend informiert und dieser sich trotz Belehrung nicht innerhalb von drei Monaten schriftlich gegen die unterbliebene Anpassung gewendet hat (Fiktion des Abs. 4 Satz 2).

Nachträgliche Anpassung

Von der nachholenden Anpassung zu unterscheiden ist die nachträgliche Anpassung. Sie betrifft nicht die Höhe der Anpassung, sondern die Rückwirkung des Anpassungsanspruchs auf den Anpassungsstichtag.


Für die rechtliche Beratung über die Anpassung von Betriebsrenten, die Gestaltung von rechtssicheren Anpassungsmitteilungen  sowie für die Geltendmachung oder die Abwehr von Anpassungsansprüchen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Rufen Sie uns einfach an – unter 040 – 371577 – oder schreiben uns eine E-Mail. Wir unterstützen Sie gerne.

Jan Zülch, Rechtsanwalt für betriebliche Altersversorgung und Fachanwalt für Arbeitsrecht, Hamburg / Lüneburg

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